Review
Das Ende vor dem Anfang
Der Star Club erlebt Sophia und wie die Band Trauer souverän
als Hymne zelebriert
Der gebürtige Kalifornier Robin Proper-Sheppard ist einer der
wenigen, die glaubhaft vom Warten auf das Ende vor jedem Anfang singen
können. Mit einer Zusammenfassung seiner schönsten Refrains
in einem einzigen Refrain begann er das Konzert seines Band-Projekts
Sophia am Sonnabend im Star Club Dresden: Das müde klagende "I
Left You" steigerte sich in einen scheinbar endlosen, unverschämt
wohligen Glanz. Solche Melancholie verwechselt man beim Hören
leicht mit Glück, das Mitgefühl heißt Staunen, Erbarmen
ist ausgeschlossen. Auch dieses merkwürdige Knarren in der Stimme,
wenn Proper-Sheppard einen Ton ansingt und ihn dann in vollendeter
Trauer steigert bis zum Falsett, ist immer gut für Gänsehaut.
Sophia erschien 1996 in Europa als Problemlösungsidee. Der Sänger
hatte durch einen Unfall seinen Jugendfreund Jimmy Fernandez verloren,
den Bassisten seiner früheren Band God Machine. Das Sophia-Debüt
"Fixed Water" klang in seinem Schmerz reduziert, sehnsüchtig,
bitter. Der Nachfolger "Infinite Circle" war ein Wunder
an Innerlichkeit, würdevoll und anrührend. Mit dem nagelneuen
Album "People Are Like Seasons" ist Proper-Sheppard samt
Begleiter um Schlagzeuger Jeff Townsin jetzt auf Tour. Und es ist
alles etwas anders, zugänglicher, reifer, leuchtender geworden.
Der Songschreiber schafft sich eine neue Maske
Sophias Songs scheinen nach wie vor persönlich inspiriert, die
Grundstimmung bleibt vermutlich der Herbst. Aber das Leid ist längst
durchlitten. Der Sänger zieht sich heute den durch Melancholie
weisen Narren für ein dankbares Publikum wie eine Jacke an. Die
Hörer dürfen alles über ihn wissen, was sie aus seiner
Musik herausfiltern können, hatte Robin Proper-Sheppard mal gesagt.
Das Star-Club-Konzert erzählte vor allem von einem höchst
professionellen Songschreiber, der souverän mit seinem Material
umgehen und es durchsichtig machen kann und sich so eine neue Maske
schafft. Auch der Tod in "So slow" war diesmal nur noch
eine gewaltig klingende Maske.
Der neue Kern im Konzert des Quintetts war die mit Spielfreude ausgehandelte
Klangwand, das fröhliche Läuten, die mächtige Hymne.
"Desert Song No.2" entwickelte sich aus verhaltenem Atmen
zum Jubel, "Every Day" erhielt ein wuchtiges Nachspiel,
"Oh My Love" war purer Rock. Diese bündige Gewalt des
"River Song" in den Zugaben! Auch die frühe Wut von
God Machine ist mittlerweile Material für Sophia und machte jede
Trauer leicht.
Uwe Salzbrenner, Sächsische Zeitung, 24.02.2004
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