Sophia - Feb. 21 ’04: Star Club, Dresden (D), with Jansen

Review
Das Ende vor dem Anfang
Der Star Club erlebt Sophia und wie die Band Trauer souverän als Hymne zelebriert

Der gebürtige Kalifornier Robin Proper-Sheppard ist einer der wenigen, die glaubhaft vom Warten auf das Ende vor jedem Anfang singen können. Mit einer Zusammenfassung seiner schönsten Refrains in einem einzigen Refrain begann er das Konzert seines Band-Projekts Sophia am Sonnabend im Star Club Dresden: Das müde klagende "I Left You" steigerte sich in einen scheinbar endlosen, unverschämt wohligen Glanz. Solche Melancholie verwechselt man beim Hören leicht mit Glück, das Mitgefühl heißt Staunen, Erbarmen ist ausgeschlossen. Auch dieses merkwürdige Knarren in der Stimme, wenn Proper-Sheppard einen Ton ansingt und ihn dann in vollendeter Trauer steigert bis zum Falsett, ist immer gut für Gänsehaut.

Sophia erschien 1996 in Europa als Problemlösungsidee. Der Sänger hatte durch einen Unfall seinen Jugendfreund Jimmy Fernandez verloren, den Bassisten seiner früheren Band God Machine. Das Sophia-Debüt "Fixed Water" klang in seinem Schmerz reduziert, sehnsüchtig, bitter. Der Nachfolger "Infinite Circle" war ein Wunder an Innerlichkeit, würdevoll und anrührend. Mit dem nagelneuen Album "People Are Like Seasons" ist Proper-Sheppard samt Begleiter um Schlagzeuger Jeff Townsin jetzt auf Tour. Und es ist alles etwas anders, zugänglicher, reifer, leuchtender geworden.

Der Songschreiber schafft sich eine neue Maske

Sophias Songs scheinen nach wie vor persönlich inspiriert, die Grundstimmung bleibt vermutlich der Herbst. Aber das Leid ist längst durchlitten. Der Sänger zieht sich heute den durch Melancholie weisen Narren für ein dankbares Publikum wie eine Jacke an. Die Hörer dürfen alles über ihn wissen, was sie aus seiner Musik herausfiltern können, hatte Robin Proper-Sheppard mal gesagt. Das Star-Club-Konzert erzählte vor allem von einem höchst professionellen Songschreiber, der souverän mit seinem Material umgehen und es durchsichtig machen kann und sich so eine neue Maske schafft. Auch der Tod in "So slow" war diesmal nur noch eine gewaltig klingende Maske.

Der neue Kern im Konzert des Quintetts war die mit Spielfreude ausgehandelte Klangwand, das fröhliche Läuten, die mächtige Hymne. "Desert Song No.2" entwickelte sich aus verhaltenem Atmen zum Jubel, "Every Day" erhielt ein wuchtiges Nachspiel, "Oh My Love" war purer Rock. Diese bündige Gewalt des "River Song" in den Zugaben! Auch die frühe Wut von God Machine ist mittlerweile Material für Sophia und machte jede Trauer leicht.
Uwe Salzbrenner, Sächsische Zeitung, 24.02.2004