Sophia - Feb. 22 ’04: ColumbiaFritz, Berlin (D), with Jansen

Review 1
Nach der Wetterwende
Eine Enttäuschung: Sophia im Columbiafritz
Sophia gehören zu den meistgefeierten Popkritikerlieblingen dieser Saison; ihr neues Album "People Are Like Seasons" (Berliner Zeitung v. 6.1.2004) mischt in nicht uninteressanter Weise melancholischen Gitarrenfolkrock und elektronisch erzeugten Industrialkrach. Das allenthalben freudig erwartete Konzert, das sie am Sonntag im ausverkauften Columbiafritz gaben, war jedoch eine herbe Enttäuschung: Wo die LP durch die hörerfreundliche Verpoppung avantgardistischen Geräuschguts erfreut, blieb live nur das hörerfreundlich Pophafte übrig - und das, wie in einem mittelmäßigen Folkrock-Konzert, profillos gesäuselt und indifferent inszeniert.
Es wäre dabei für sich genommen ja nicht so schlimm, dass Robin Proper-Sheppard keine Bühnenpräsenz besitzt und keine interessante Frisur. Er sieht aber nicht nur nicht besonders gut aus, er kann - wie sich live und ohne Hallhüllen zeigte - auch nicht besonders gut singen. Selbst seinen kleinen Hit "Oh My Love", das bis dato schönste Mitsummstück dieses Winters, hat er live völlig vergeigt: zu langsam, zu drucklos, durchweg gegen die Melodielinie gesungen. Wie das gesamte Konzert: vollständig neben der Spur.
Jens Balzer (24/02/2004, Berliner Zeitung)


Review 2
Der Abend begann recht pünktlich gegen 21 Uhr mit der Vorband Jansen, einem lustigen Duo aus Berlin, die eine Gitarre, einen Kontrabass und einen mit Leuchtketten behängten Sonnenschirm mitbrachten. Musikalisch bewegte sich die Band zwischen Blues, Jazz und Rock. Inhaltlich ging es in den Songs wohl um Liebe und das Leben und überhaupt, obwohl auf Deutsch gesungen wurde, ließen sich aus dem Genuschel des Sängers nur einzelne Satzteile heraus hören. Das zahlreich erschienene Publikum war anfangs etwas irritiert, was die zwei gauzigen Kerle da auf der Bühne veranstalteten, war aber spätestens beim dritten Song, der etwas rockiger war und zu dem sich der Sonnenschirm blinkend drehte, recht angetan. Irgendwann jedoch verlor auch der Sonnenschirm seinen Reiz und die Songs begannen sich zu ähneln. Die Gespräche wurden lauter und man sehnte den Auftritt der Band herbei, wegen der man eigentlich gekommen war.

Als Robin Proper Sheppard dann schließlich gegen 21.45 Uhr, wie immer ganz in schwarz gekleidet, die Bühne betrat bedeutete dies aber keinesfalls den Beginn des Konzerts. Ohne das Publikum eines Blickes zu würdigen sortierte er seine Instrumente und fuhr den mitgebrachten Laptop hoch. Aus seiner Hosentasche zauberte Robin ein buntes Plastikarmband von seiner Tochter hervor, das er am Mikro-Ständer befestigte. Dann verschwand er wieder hinter der Bühne um kurz danach endlich gemeinsam mit seiner Band das Konzert zu beginnen. Das Set begann mit dem sehr ruhigen Song "I Left You" von der neuen Platte, es folgten weitere langsame Songs von allen vier Sophia Alben. Das Publikum lauschte der Musik recht unbeteiligt, erst bei "Desert Song No.2" tauten die Leute langsam auf. Der Song schien nicht enden zu wollen, der bisher eher unterbeschäftigte Drummer gab alles und ein Mutiger sprach aus was alle dachten: "That sounds more like God Machine style!" Diese Äußerung quittierte Robin indem er sie nach äffte und ohne weitere Kommentare den nächsten Song anstimmte. Als jedoch später jemand wagte, sich einen Song von The God Machine zu wünschen, wurde Robin schon deutlicher "No, we only play nice things now." Als sich darüber jemand lautstark beschwerte wurde Robin unhöflich, "You can leave if you want to" und "I have to talk to my daughter this way". Als Zugabe gab es noch "Oh My Love" und "If A Change Is Gonna Come", wobei bei diesem Song auch die Band und Robin etwas auftauten. Nach etwa 1 ¼ Stunden war das Konzert dann auch vorbei.

Insgesamt hinterließ das Konzert bei mir einen etwas bitteren Nachgeschmack. Natürlich muss man akzeptieren, dass Robin Proper Sheppard nach dem Tod des Bassisten keine Songs mehr von The God Machine spielen will, aber das zahlende Publikum derart anzufahren? Die langsamen Songs von Sophia waren ohne Gefühl daher gesungen, die Band wirkte über weite Strecken des Sets gelangweilt und Robin hatte kaum ein nettes Wort für das Publikum übrig. Sich die Arroganz eines Liam Gallaghers zu leisten, das muss man sich erst mal verdienen.
Annette B. (www.britpoparsenal.de)


Review 3
Sophia - gelacht wird woanders
Während ganz Deutschland Karneval feiert, gibt es in Berlin ein Konzert am offenen Grab.
Robin Proper-Sheppard und die Seinigen kamen als Band formiert mit dem Namen Sophia in das kleine ColumbiaFritz. Doch bevor es richtig depressiv wird betritt zunächst ein ebenfalls alter bekannter die Bühne. Markus-Maria Jansen, ehemals Co-Frontmann von M. Walking On The Water gab begleitet durch einen Kontrabass-Spieler und einem Apple-Computer seine Stücke zum Besten. Wie schon zu M. Walking-zeiten war auf der Bühne wesentlich mehr Spielfreude zu verspüren als auf einem schnöden Album. Zu Recht erhielt er daher auch den ihm zustehenden Applaus. Musikalisch war es ganz eindeutig als „M. Walking singt deutsch“ einzuschubladisieren.

Dann ging’s aber richtig los. Nachdem die Band einen kurzen Soundcheck noch selbst vorgenommen hatte kam man drei Minuten später auch schon wieder auf die Bühne und eröffnete diesen Abend mit dem schon euphorisch klingenden Stück „I Left You“, ich würde sagen mein Lieblingsstück der neuen Scheibe. Es folgte ein Querschnitt durch die achtjährige Schaffenszeit. Nach der Auflösung der Band „The God Machine“ im Jahre 1995, aufgrund des Todes eines Bandmitgliedes und einer sich anschließenden tiefen depressiven Phase Sheppards gründete er die Band Sophia, die sich in fünfköpfiger Besetzung zeigte. Hierzu zählten neben Jeff Townsin an den Drums, sowie Will Foster am Bass (der sehr, sehr schwer, tief und wuchtig daherkam) auch der in jedes Stück integrierte Piano-Man Will-Foster. Hinzu kam noch ein mir unbekannter Gitarrist und ein Teilzeit-Keyboarder (der für zwei Stücke randurfte und sonst für die Technik, den Devotionalienstand und alles andere zuständig ist).

Die Band harmonierte wunderbar und schwang sich von einem Moll zum anderen. Immer wieder gab es geradezu hypnotisierende Melodiebögen, die mit der Zeit immer lauter wurden, wobei die Verzerrer auf’s Äußerste aufgedreht und zusätzlich noch mit Hall unterlegt wurden und dennoch ging die Melodie nie verloren. Schlussendlich kehrte man stets wieder zum Hauptmelodiethema zurück und befand sich von 100 auf 0 wieder in einem Akustik-Set. Die ca. 800 Besucher waren völlig aus dem Häuschen. Interessant in diesem Zusammenhang war auch die Geräuschkulisse während der Songs, denn man konnte sprichwörtlich „die Stecknadel fallen hören“ (im akustischen Teil).

Mit viel Applaus ging es in die Zugaben. Die erste war dann auch gleich mit „So Slow“ das Stück, welches mich überhaupt im Jahre 1996 zu dieser Band geführt hatte… also ein persönlicher Knaller.
Aus dem Publikum war der Riversong gewünscht worden, ein Stück aus der Anfangszeit der Gruppe. Sheppard sagte nur trocken, dies sei ein Stück einer früheren Sophiabesetzung und man würde heute eher akustische Stücke spielen. Grund genug für ihn dieses Stück dennoch als zweite Zugabe zu spielen und es ging mit einer Wucht durch die Boxen und von da aus direkt in den Saal, dass ich es nicht beschreiben kann. Hinzu kommt noch, dass der bis dahin Piano spielende Foster plötzlich Bass Gitarre spielte und die Saiten dabei mit dem Drumstick malträtierte So einen Liedvortrag habe ich bisher selten gehört.
Das Publikum (da schienen mir doch sehr hartgesottene Kenner dabei zu sein – God Machine T-Shirts wurden gesichtet – die schon sehr alt sein müssen), von diesem „harten“ Schritt in die Vergangenheit fast erschrocken, klatschte sich fast die Hände ab und stampfte mit dem Füßen auf den Boden um noch mehr zu hören. Sheppard kam noch einmal raus und brachte das absolute Gegenstück zum Riversong zu Gehör, dass nur von ihm selbst auf der Akustikgitarre gespielte und ins Mikro gehauchte „Another Trauma“. Dann war nach einer Stunde und vierzig Minuten alles vorbei.

Das Merchandising der Band beschränkte sich rein darauf, die kaum erhältlichen CD’s der Band (bei ebay pro Stück nicht selten zwischen 30 und 40 Euro für die alten Scheiben) an den Mann zu bringen. So wurde an diesem Abend auch die letzte noch in Besitz befindliche Live-Scheibe „De Nachten“ verkauft, sowie unzählige der Versionen der ersten beiden Werke. Ich habe selten so viele Leute nach einem Konzert CD’s kaufen sehen (Stückpreis 15 Euro).

Sheppard erschien dann noch selber am Stand und wer wollte durfte sich seine Exemplare unterschreiben lassen. Gut, meine standen allesamt zu Hause, so habe ich ihm zumindest mein Ticket an diesem denkwürdigen Abend vorlegen können.

Wer es irgendwie ermöglich kann, sollte sich die Jungs noch anhören. Wenn jemand dort hingeht und seine gegenwärtige Beziehung ist nicht so ganz krisenfest, dann dürfte es nach diesem Abend übrigens ganz vorbei sein … machen wir uns nichts vor, die Texte sind eindeutig.
Mahony, neon-magazin.de


Setlist
I left you
If only
Happy now
Fool
Desert Song No.2
Every day
Oh my love
Ship in the sand
Swept back
Woman
Within without
The Sea
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So slow
River Song
If a change is gonna come
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Another trauma