Review
Großer guter Sound
ZMF: Das erstaunliche Bandprojekt Lambchop im Zirkuszelt
"Besorgnis erregend", sagt Kurt Wagner, "dass so viele
heute Abend gekommen sind, vielen Dank." Vor zwei Jahren waren
Lambchop noch im kleinen Spiegelzelt. Dieses Mal im Zirkuszelt des
ZMF dürften es doppelt so viele Zuhörer gewesen sein. Immerhin.
Und in brummigen Südstaaten-Amerikanisch bedankt er sich ebenfalls
bei der ersten Band an diesem Abend, Sophia - und bei seinem eigenen
Haufen "erstaunlicher Musiker".
Doch erstaunlich sind an Lambchop nicht so sehr die einzelnen Musiker,
sondern es ist dieses visionäre Projekt als Ganzes, das nach
zig, teilweise Epoche machenden Alben immer noch für eine Überraschung
gut ist. Bis zu fünf Gitarristen tragen ihr Scherflein zur Musik
bei, die Frau in der Band spielt auch ein Bariton-Sax, Flügel
und Synthie, Bass und Schlagzeug ergänzen das aktuelle Lambchop-Kollektiv.
Das Prinzip ist denkbar einfach: Versatzstücke aus Jazz, Soul,
Country, Rock und auch Klassik bilden die Grundlage. Was die Band
damit macht, lässt sich mit Malen vergleichen. Fein die Striche
und Linien, jeder steuert Farbe und Figuren bei, nur das Klavier sticht
heraus. Und dick aufgetragen wird auch - in den geradlinigeren Rockstücken
brodeln die Riffs. Durch kleine Respektlosigkeiten blitzt der Humor
durch, zum Beispiel in der Crossover-Hardrock-Bossa-Nova "The
Guther", auch ein Lehrstück in Sachen Dynamik. Klotzen und
Kleckern.
Dagegen sind Sophia eine konventionelle Band um Sänger und Songschreiber
Robin Proper-Sheppard, altmodisch Song-orientiert, tieftraurig, stilistisch
schwer einzuordnen. Erst nach drei abgründigen Country-Rock Stücken
wurde es etwas lauter und pulsierender. Doch selbst die beiden hitverdächtigen
Up-tempo Songs "Oh my Love" und "Every day", schon
sechs Jahre alt, geraten bedächtiger als im Studio. Zum Schluss
gibt es Garagenpunk und einen wuchtig lärmenden Wall of Sound,
der einen in den Stuhl nagelt. Intensiver geht es kaum.
Wie für Lambchop gilt auch für Sophia und im Prinzip für
alle "kleineren" Bands, die in den vergangenen Jahren im
Zirkuszelt gespielt haben: Zwar wirkt ihre Musik auch ohne gigantischen
Sound, aber schaden tut er ihr auch nicht. Im Gegenteil.
Joachim Schneider, Badishe Zeitung, 10/07/2004
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