Set list
I Left You
If Only
Birds
Lost
Oh My Love
Pace
Razorblades
Bastards
So Slow
Dreaming (new, unfinished song)
The Sea
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Another Trauma
Directionless
Review 1
Wer wird denn hier weinen? Da steht er. Wilde Haare, braune Lederjacke.
Robin Proper-Sheppard, umringt von seinem Streichquartett, stimmt
seine Gitarre. Sophia nennt er sich, und noch guckt er freundlich
empört, weil die Shout Out Louds die dritte, vierte, fünfte Zugabe
spielen. Robin Proper-Sheppard will anfangen.
“Oh, ist der süß”, “Ein bisschen arrogant irgendwie”, “Geile Frisur”,
“Hoffentlich spielen sie ‘So Slow’”, “Können die da draußen nicht
mal aufhören?”, “Noch ‘n Bier?”, “Scheiße, ausgerechnet jetzt muss
ich auf’s Klo”, “Anfangen!”, “Ich muss bestimmt heulen” - soweit das
Publikum.
Und oben auf der Bühne? Bittersüße Texte. Tod, Liebe, gebrochene Herzen,
und wenn die Streicher einsetzen, bebt das Zeltdach. Darunter ist
die Stimmung nun andächtig und ergriffen. Nicht wenige wischen sich
die Augen. Auch ein schwer erschütterlicher Festivalblogger hat zu
kämpfen. Manchmal genügen eine Akustikgitarre, eine schüttere Stimme,
puderzuckrige Geigen und nach neun Liedern findet man sich in einer
wohligen Schwermut.
Nach Hause oder noch Tocotronic?
David Hugendick, 03.06.2007, Die Zeit - Festival blog
Review 2
Immerfüreineüberraschunggut
Gute Laune, sonniges Wetter, nette Leute und feine Musik, all das
sind Assoziationen, die einem im Zusammenhang mit dem kleinen Festival
in Neustrelitz als Erstes durch den Kopf schießen. Doch irgendwie
wollte sich die übliche Vorfreude dieses Jahr nicht so richtig
einstellen. Zu viele Absagen (Explosions in the Sky, Jens Lekman,
Jeans Team) überschatteten die Euphorie, die sich mit der Bekanntgabe
von konventionellen Bands (Friska Viljor,Virginia Jetzt, Tocotronic
etc.) dann auch gleich wieder in ihre Ecke zurückgezogen hat
um aufs nächste Festival zu warten.
Wie sollte das gut gehen? Die Headliner waren teilweise noch nicht
bekannt gegeben und die meisten Sachen wollten einen nicht vor Glück
im Viereck springen lassen. Mit entsprechend gesunkenen Erwartungen
hat man sich aber doch seinem Schicksal ergeben und versucht,das Beste
daraus zu machen.
Vielleicht war es ja ein meisterhafter Schachzug, sich viele Bands
einzuladen, die auf eigene Weise ein ähnliches Spektrum an Musik
repräsentieren, denn dadurch bekamen die Bands, die sich davon
etwas abgehoben haben, die Chance sich in ihrer Andersartigkeit voll
auszuleben. Jedenfalls waren genau diese Bands die Highlights des
Festivals.
Seidenmatt,die vor zwei Jahren schon eine absolut fantastische Performance
geliefert hatten, haben gezeigt,dass sie auch einen anspruchsvolleren
Spot gerecht werden können und sich mit ihren zwar nicht immer
perfekten, da zu kurzen, dafür aber sehr intensiven Stücken
einen ganz großen Platz im Herzen des Festivalpublikums erobert,
wodurch der metaphorisch eher nebelverhangene Freitag angenehm aufgeklärt
wurde. Denn viel wollte an diesem Tag nicht überzeugen.
Aber nicht nur musikalisch lag etwas Schweres auf der Stimmung dieser
Veranstaltung. Das Publikum hat ebenfalls ein neues Gesicht bekommen,
welches eher erschreckt als erfreut. Man müsste der Meinung sein,dass
zum parallelen Rock am Ring und Rock im Park Festival all die Individuen,
die ein Festival aus anderen Gründen als die der Musik besuchen,
schon gut beschäftigt seien, doch das Immergutpublikum hatte
dieses Jahr erstaunlich viele Aussetzer. Da wurde geklaut, gepöbelt
und genervt, ein völlig untypisches Erlebnis, was ein bisschen
traurig macht, war das Gutrocken doch eher eine Bastion für gute
Laune.
Versunken in einer etwas betrübten Stimmung hat man sich am späten
Freitagabend also zu Bett begeben und sich auf den zumindest auf dem
Papier ganz guten Samstag gefreut. Mit Architecture in Helsinki,Malajube,Someone
still loves you, Boris Yeltsin und den Shout out Louds standen einige
Bands ins Haus, die sich der melodiösen, aber vor allem recht
kurzlebigen, Musik verschworen haben. Wären sie vor ein zwei
Jahren auf dem Immergut gewesen, wären sie wahrscheinlich mit
Leichtigkeit in der Lage gewesen, den Headlinerspot zu tragen, aber
irgendwie haben sich diese Bands mittlerweile ausgenudelt. Nichts
desto trotz passen sie stimmungstechnisch fantastisch in den Kontext
des Immergutfestivals, so ganz konnten sie ihrer Rolle aber nicht
gerecht werden. Nicht das sie schlecht waren, aber irgendwie wollte
sich, sicher nicht zuletzt aufgrund des miesepetrigen Wetters, keine
wohlige Atmosphäre einstellen um sich wirklich gehen zu lassen.
Zurück blieb ein müdes, anerkennendes Lächeln,mehr
aber auch nicht.
Hier schließt sich aber der Kreis, denn hatte man sich bis jetzt
mit den erwarteten, gutlaunigen Bands eher rumgeschlagen (und durchaus
amüsiert),kam mit Sophia ein Kontrast, der perfekter nicht sein
könnte. Schwermütige Streicher und eine Stimme, die die
Seele zum klingen bringt, haben den Abend annektiert. Man würde
Robin Proper Sheppard aber auch so sein Herz schenken, selbst wenn
er es nicht gewollt hätte.
Das Wort gut müsste fast neu definieren, um Sophia und dessen
Rolle auf dem Immergut besser beschreiben zu können, aber statt
dessen fügt sich jetzt den Assoziationen dieses Festivals auch
ein melancholischer Moment hinzu, den ich nicht mehr missen möchte.
Erst durch diesen schwermütigen Kontrast hat sich ein Feuerwerk
der Gefühle entfalten können und das ganze Event in ein
völlig anderes Licht gerückt.
Insomniawuselt, 7/06/2007
Review 3
Dann bekomme ich aber eine SMS von Katie, die ich seit einiger Zeit
nicht mehr gesehen habe, dass sie jetzt bei Sophia in der ersten Reihe
steht, und obwohl mich die Band nicht interessiert gehe ich zu ihr,
hauptsächlich um mich noch einmal zu verabschieden. Sophia gefallen
mir dann aber doch sehr gut. Ein Mann mit Gitarre, dazu ein Streicherquartett.
Keine Ahnung, ob das etwas Besonderes ist in dieser Konstellation,
zumindest erwähnt er des Öfteren, dass er sehr nervös
ist. Obwohl es sehr ruhige Singer-Songwritermusik ist, übt sich
das Mädchen neben mir im Ausdruckstanz und rammt mir alle paar
Sekunden den Ellebogen in den Bauch. Das ist aber auch das einzige
Negative, was ich zu Sophia sagen kann.
Christina, 4/06/2007, (Inter)national POP! Jetset
Photos by Christina
Photo by Annie Reischmann
Photo by Katharina Langer
Photo by Sven Lüder
Photos by anne behrndt
Photos by Thomas Victor
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