Sophia (Robin solo + string quartet) - Feb. 10 '09: Admiralspalast, Berlin (DE), with Dear Reader

Set list
The sea
So slow
If only
Where are you now
Swept back
Call me on your way back home
Heartache
Lost
Bastards
Ship in the sand
I left you
Oh my love
Pace
Signs


Band
Robin Proper-Sheppard: vocals, guitar
Calina de la Mare: violin
Fiona Brice: violin
Robert Spriggs: viola
Sarah Willson: cello


Review 1
Gesehen:Intro Intim City Slang Special im Admiralspalast
Am vergangenen Dienstag lud die Intro erneut zu ihrer intimen Reihe und lockte dieses Mal mit zwei Künstlern des namhaften Berliner Indie Labels City Slang. Die Label-Neulinge Dear Reader, deren Debütalbum „Replace Why With Funny“ am 20.02.2009 erscheinen wird, sollten den Abend eröffnen. Anschließend erwartete uns ein Konzert mit Sophia a.k.a. Robin Proper-Sheppard, der sich mit einem Streicher Quartett ankündigte.
Als Veranstaltungsort versprach der Admiralspalast dem Abend eine ganz besondere Atmosphäre zu verliehen, denn er bietet mit seinem kreativen intimen Ambietene eine willkommene Abwechslung zu gewöhnlichen Klubkonzerten. Wir durften also gespannt sein!
Da ich ein bekennender Anhänger dieses Labels bin, war es für mich natürlich ein Muss, diese Veranstaltung zu besuchen. Von Dear Reader hatte ich bisher nur Gutes gelesen und hatte ihrer Myspace Seite daraufhin einen Besuch abgestattet, was meine Vorfreude durchaus noch steigerte. Auf Sophia war ich gleichermaßen gespannt, da ich bis dato jede Gelegenheit ihn live zu sehen verpasst hatte. Also begab ich mich an besagtem Abend bei bilderbuchhaftem Regenwetter in die Friedrichstraße, um dort erst einmal eine ungeduldig wartende Schlange vorzufinden – ob das am Regen oder an der Vorfreude lag, sei nun mal dahingestellt. Auf dem Plakat am Eingang blinkten mittlerweile Schilder mit der Aufschrift „ausverkauft“. Voll werden sollte es also auch.
Ich war schon früh vor Ort und hatte somit das Glück, mir einen Platz in den ersten Reihen erkämpfen zu können. Da dies eine bestuhlte Veranstaltung war, war es zur Abwechslung sehr angenehm problemlos die ganze Bühne im Visier zu haben.
Gegen 21.15h ging es dann endlich los. Der Raum war bis in alle Ecken und Enden aufgefüllt. Ja, die Zuschauer suchten sich wirklich überall ihre Sitzplätze.
Nun standen drei gut gelaunte Musiker aus Südafrika auf der Bühne, die eine sehr harmonische Show mit sicherem Zusammenspiel ablieferten. Sängerin Cherilyn MacNeil überzeugte mit einer wunderschönen Stimme, die wohl nicht nur bei mir eine Gänsehaut auslöste. Ihre sympathische Art und ihre Ansagen kamen beim Publikum besonders gut an und so hatten wir sie alle schon nach den ersten Minuten in unser Herz geschlossen. Mit ihrer Mischung aus eingängigen Popsongs mit melancholischen Melodien und vielen Folk Einflüssen, konnten sich Dear Reader als würdige City Slang Neuheit präsentieren. Spätestens bei „Deatheart“ wippte jeder im Publikum mit einem Lächeln auf den Lippen den Rhythmus mit. Ein durchaus gelungenes Konzert einer sehr interessanten Band, die definitiv Lust auf mehr macht.
Nach einer relativ langen Umbaupause sollten wir in den Genuss des Solo Künstlers Sophia kommen. Als dieser dann mit etwas Verspätung die Bühne betrat, entschuldigte er sich sogleich dafür und verkündete, dass er bis eben noch nicht sicher war, was denn so alles auf seine Setlist soll. Nach diesem etwas holprigen Einstieg, legte er mit Songs seiner älteren Tonträgern los. Hauptsächlich erklangen Titel der Alben „People are like Seasons“ und „Technology won't save us“. Seine Show reichte von traurig-melancholischen Stücken (die definitiv in der Überzahl waren) wie „I left you“ bis zu seinem besonders eingängigen „Oh my Love“. Das Konzert wurde fast ausschließlich von einem Streicher Quartett begleitet - nur selten spielte und sang er alleine.
Sophia unterhielt das Publikum zwischen und teilweise auch während der Songs mit ausführlichen Geschichten über seine Songs und die Aufnahmen zum neuen Album. So schien er erst kürzlich festgestellt zu haben, dass all seine Werke als illegale Downloads im Internet zur Verfügung stehen. Weiterhin lies er uns wissen, dass besonders Zwischenmenschliche Beziehungen in seinem Leben ausreichend Stoff für seine Texte liefern. Auffällig war an dieser Stelle, dass besonders viele Zuschauer das Publikum verließen...
Leider verzichtete Sohpia nach rund 1 1/4h Liveshow auf eine Zugabe und so begab ich mich nach einem durchaus gelungenen Abend kurz nach Mitternacht wieder in die verregnete Nacht nach draußen. Der Abend hatte zugegebenermaßen seine Längen, trotzdem hat es sich für mich gelohnt. Und in zwei Wochen werde ich mit Sicherheit Ausschau nach der neuen Dear Reader Platte halten!
Sara W., www.regiomusik.de, 12.02.2009


Review 2
Oh My Love...
SOPHIA ist ein Bandprojekt des Sängers, Gitarristen und Produzenten Robin Proper-Sheppard. In Begleitung eines Streicherquartetts steht SOPHIA an jenem Abend auf der Bühne. Zunächst muss sich Robin jedoch entschuldigen, nachdem er eine ganze Weile auf sich warten ließ, während sein Streicherquartett schon längst in den Starlöchern stand. Man verzeiht es ihm auf dem Fuße, denn schnell wird klar: Dieser Mann leidet, fast schon messiasgleich, um seine melancholischen Lieder über verlorene Lieben und deren Tragik vorzutragen. Zu Beginn noch verhalten, taut der mehrfach herzgebrochene Sänger bald auf und erzählt eine seiner vielen Anekdoten, wo man sich immer wieder beim Gedanken ertappt: "Der übertreibt doch jetzt ein bisschen?" Die Frauen scheinen ihm einiges angetan zu haben, wir sollten es ihnen danken, denn sonst wäre es wohl nie zu Zeilen wie "I’ve ve left my heart where I should have stayed instead, and you think that I've forgotten, but you will always be near, in every face that I see, and every voice that I hear" gekommen. Robin gelingt es auf elegante Art und Weise, von seinem gequälten Seelenwohl auf sarkastische Geschichtchen rund um seine Existenz als Mann und Künstler umzuschwenken. Lieblingswort des Abends: "Fuck(in Fuck)".
SOPHIA ist ein Bandkollektiv, fast schon anarchisch, und so ist Robin Proper-Sheppard ebenso. Man mochte es ihm anfangs kaum glauben, zu kokettiert klang seine Ansage, er habe überhaupt keine Ahnung, was er heute spielen solle und ob er überhaupt was aus seinem neuen Album spielen würde, wäre mehr als fraglich. An den heftigen Blätterbewegungen der Streicher in ihren Notenheften und an seinen spontanen Umüberlegungen bewahrheitet sich jedoch dieses als Drohung verpackte Überraschungsgeschenk. Viele neue Songs, aber auch die alten Klassiker wie 'Swept Back' und "Oh My Love" im neuen, akustischen Gewand – und es wurden sogar Musikwünsche angenommen. Eines davon: 'Bastards'. Spätestens bei Sätzen wie "Some men are bastards, some men are swines" wird klar: Dieser Mann ist keineswegs ein Unschuldslamm und sicherlich für eine ganze Brigade von gebrochenen Herzen verantwortlich. Das muss er letztlich selber zugeben: "If I weren’t a bastard, I wouldn’t be here, you wouldn’t be here – I’d probably be working happily in a McDonald’s". Wie wahr, wie wahr. Dennoch: "We love you, honey", wie einst des Sängers Frau Mama auf einem seiner Konzerte mit seiner ehemaligen Rock/Noiseband THE GOD MACHINE zu seinem blanken Entsetzen rief. "So was Schönes habe ich schon lange nicht mehr gehört", so das Resümee der Begleitung der Autorin. Und dem ist absolut nichts mehr hinzuzufügen außer: Oh my fuckin’ love.
Sandra Wickert, www.popmonitor.de, 13.02.2009

Review 3
eine hübsche kleine bühne ist aufgebaut. gegen lange rote vorhänge sind zwei festscheinwerfer gerichtet. man richtet sich ein. plätze werden gefunden, später nur noch gesucht im ausverkauften studio des admiralspalastes. irgendwann kommen drei leise gestalten auf die bühne. „dear reader“ aus johannesburg verblüffen zu allererst dadurch, dass sie bloß aus sängerin, schlagzeuger und jungem für alles bestehen, weil die instrumente auch für ein quintett gereicht hätten. fast nach jedem lied aber wanderte jemand an das loop-mikrofon oder zu den gitarren oder aber um einfach nur drei klaviertasten zu drücken auf der bühne und die sache war geklärt.
auf der internetseite der band steht in großen buchstaben über dem profil der albumname „replace why with funny“ und genau so klingt eigentlich auch die musik. irgendwie ist es spaßig ihnen zuzuhören. nicht besonders ernsthaft, aber auch nicht albern erzählt die sängerin cherilyn macneil zwischen den liedern kleine geschichten, während die beiden herren ihr schweigsam und freundlich zuhören. in den liedern selbst, noch mehr geschichten, passend zum bandnamen, geschichten davon, in den mund eines großen weißen bären zu klettern und damit das perfekte versteck gefunden zu haben oder wie es ist, hinaus auf die straßen südafrikas zu gehen. insgesamt mit der stimmlichen variationslust von regina spektor, die auch zu ihren bei myspace bekannten einflüssen gehört, oft geloopter freundlicher indie-pop mit unterhaltungsfaktor und außerdem auch eine vorband, von der eine zugabe verlangt wurde.
die musikalische brücke zu sophia wird in der umbaupause mit elliott smith geschlagen, das streichquartett quietscht sich ein, robin proper-sheppard kommt zu spät, sagt, er wäre unvorbereitet, sagt nur dank seiner repetitiven songtexte nicht am öftesten „fucking“ an diesem abend. ein sophia-konzert ist immer etwas eigen. auch der sänger wehrt sich dagegen, diese musik gut zu finden, denn dann erfreute man sich an seinen schmerzen und seinem leiden. man sieht es an seinen augen während der souverän und fehlerfrei gespielten alten lieder. verkrampft und geschlossen, bei den liedern, die ihm besonders viel bedeuten, macht er sie überhaupt nicht auf. „see my legs shaking?“ ja, manchmal ist seine stimme leiser zu hören, weil er sich vom mikrofon entfernt, weil er nicht nur etwas singt, was er schon so oft gesungen hat, sondern weil er mit den liedern mehr gefühle verbindet, als die meisten menschen, so scheint es manchmal, überhaupt in sich tragen. mehr so offen zur schau gestellte melancholie als in den alten stücken „i left you“ oder „oh my love“, die auch an diesem abend gespielt werden, ist kaum noch vorstellbar. wiederholend taucht in den liedern der wunsch auf, nicht alleine sterben zu müssen. viele handeln von unerwiderter oder verschwundener liebe; nahe stehenden personen, die gestorben sind. in der normalen sophiabesetzung mag die tristesse in diesem ausmaß gar nicht so deutlich werden, da e-gitarren weniger beeindruckend sind als streichinstrumente. da ein quintett von letzteren aber an diesem abend den rechten bühnenteil einnimmt und die refrainanfänge mit ihrem klang schwer unterlegt, ist der klang der atmosphäre unübersehbar, unüberhörbar und man hätte begründete angst davor, dass der mensch, der da vorne alleine steht, vielleicht nicht mehr viele konzerte gibt, gäbe es da nicht diese sache, die sophiakonzerte so ambivalent macht. zwischen den titel scherzt und plaudert robin proper-sheppard, es geht um „fucking bastards“, „fucking ryan adams“, „his fucking mom.“ mit schwarzem humor, viel selbstbewusstsein und dem anschein, dass er seine arroganz selber einsehe, unterhält der tieftraurige knabe ein publikum, das zwischen den radikalen der schwermütigen lieder und der amüsanz in ihren immer länger werdenden pausen, weil immer mehr zu erzählen ist, ein bisschen gefangen ist. so etwas ist nicht normal bei einem konzert, auch nicht, dass die zugabe gleich an das normale eigentlich ja nicht bestehende set – denn immer wieder bekam man den eindruck, die titelliste wurde spontan festgelegt – angehängt wird, um das warten und das laufen zu ersparen. dieser intime introabend und für sophia gäbe es auch kaum treffendere prädikate als ‚intim’ war ganz und gar nicht normal, so auf den sitzbänken sitzend und überlegen müssend, wie der mensch da vorne auf der bühne es schafft, die erwähnten radikale so einfach zu vereinen, es war aufregend und schön. nicht sicher zu sein, die dinge richtig zu verstehen und trotzdem zu wissen, sie wieder zu tun oder gar sie zu genießen. immer wieder auf sophia-konzerte zu gehen und immer weniger zu verstehen.
Sven, www.roteraupe.de


Photos by Anika Pfirsich-Maracuja







Photos by Alexander







Photo by Petr Nietsch



Photo by Mika Meskanen