Sophia (Robin solo + string quartet) - Feb. 14 '09: FM4 Radio Session, Radiokulturhaus, Vienna (AT)


Set list
Directionless
The Sea
So Slow
If Only
Where Are You Now
Birds
Lost
Oh My Love
Pace
Bastards
Heartache
Lost
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Last Night I Had A Dream
The Death Of A Salesman
Razorblades
I Left You
------
Signs


Band
Robin Proper-Sheppard: vocals, guitar
Calina de la Mare: violin
Fiona Brice: violin
Robert Spriggs: viola
Sarah Willson: cello


Review 1
Oh, my Sophia!
Ein tiefer Blick in die zerbrechliche Seele von Robin Proper-Shepard. Die FM4 Radiosession mit Sophia und Geigen.

Stille.
Ein fast schon feierliches Schweigen hat sich über den großen Sendesaal des Radiokulturhauses gelegt. Nach der Ankündigung von Martin Blumenau wird das Licht langsam gedimmt und der Raum füllt sich mit Spannung und Erwartung. Als Robin Proper-Shepard, Sänger, Songschreiber und Mastermind von Sophia, gefolgt von seinem Streichquartett auf die Bühne tritt, ist dem sympathischen Wahllondoner die Aufregung anzusehen.
"Bei der ersten Show in Berlin habe ich zwei Stunden gespielt und nur Blödsinn geredet. Es war eine witzige Show. Ein Tag später in Hamburg war es das traurigste Konzert, das ich jemals gespielt habe. Ich war danach so fertig, dass ich zu meinem Streichquartett gesagt habe: Ich kann das nicht machen. Ich war knapp an einer manischen Depression. Jetzt hat sich alles schon etwas eingependelt."
Der Grund für diese emotionale Achterbahnfahrt sind die schmerzvollen Erlebnisse, die Robin auf seinem neuen Album "There Are No Goodbyes" ungeschminkt und ohne doppeltem Boden Preis gibt. Er kann nicht mehr anders, als seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen und ehrlich aus seinem tiefsten Inneren heraus zu sprechen. Auch bei dieser Radiosession nimmt Robin kein Blatt vor dem Mund, wenn es ums Leiden geht. Selbt am Valentinstag.

Death comes so slow
Sein linker Fuß ist meist nach innen verdreht und unterstützt die nach Innen gewandte Pose. Mit geschlossenen Augen scheint Robin während der Songs ganz in sich gekehrt und gleichzeitig gewährt er mit seinen sehr persönlichen Texten einen Blick in seine zerbrechliche Seele. Am Programm stehen gleich zu Beginn frühe Lieder von Sophia, die noch maßgeblich vom plötzlichen Tod seines Freundes und The God Machine Bassisten Jimmy Fernandez beeinflusst sind.
I turn of the light But leave the television talking Oh tonight I don't wanna be alone I try to close my eyes but I'm afraid of the dark I see you everywhere (Sophia - "So Slow")
Die fragile Gemütsverfassung Robins klingt auch in seiner Stimme durch. Jede seiner Bewegungen löst ein leises Knarren des Holzbodens aus, das sich mit dem gebrochenen Flüstern mischt, kurz bevor die Streicher einsetzen und einen festen Boden bieten, der den Frontman manchmal vor Tränen zu beschützen scheint.

Still believe in angels and footsteps in the snow
Die gefühlvollen Arrangements lassen ältere Sophia-Songs in neuem Licht erstrahlen. Dass die Kombination von Akustikgitarre, Streichquartett und Texten über gebrochene Herzen gut zusammenpassen, war schon vorher klar. Und trotzdem überrascht ein Song wie "Where Are You Now", der mit dieser reduzierten Instrumentierung federleicht durch den Saal schwebt.
Selbst durch die undurchdringlich wirkende Dunkelheit der Seelenwelt Robin Proper-Sheppards dringen immer wieder Lichtstrahlen, die eine ironische und humorvolle Seite des Sängers beleuchten. Man stelle sich vor: Einer der zwei Songs, die beim Spielen ein Gefühl der Freude bei Robin auslösen, ist ausgerechnet "Lost". Ein Lied, dass seiner Mutter gewidmet ist und die letzten fünf Tage ihres Lebens beschreibt, in denen sie im Krankenhaus an Krebs stirbt und Robin ihre letzten Atemzüge erlebt. Und selbst an dieser Stelle kann man nicht anders, als Sympathie und Mitgefühl zu empfinden.

Let's try a sad pop song
Falls es so etwas wie schwungvolle, aufheiternde und poppige Songs in dem Repertoire von Sophia gibt, dann zählt "Oh My Love" definitiv dazu. Harmonisch moduliert und nur mit akustischer Gitarre vorgetragen, kann man aufgrund der vielen, mitschwingenden Obertöne Streichermelodien heraushören, sodass ich mich einige Male mit einem Blick zum Quartett vergewissern muss, das hier wirklich nur Robin alleine spielt.
Auch das folgende "Pace" steht in der stripped down Version dem Original um nichts nach. Und als gegen Ende des regulären Sets dann endlich ein neuer Song, nämlich das wundervolle "Heartache", mit voller Streicherparcht intoniert wird, ist der traurige Funke auch bis in die letzten Reihen übergesprungen.

Are you waiting for the end before it begins
Die Zugaben beweisen einmal mehr, in welchem Gefühlschaos sich Robin befindet. Sein Selbstbewusstsein, großartige Songs zu spielen, wird nicht selten von einem inneren Saboteur attackiert.
"Ich gebe mir wirklich alle Mühe, die Songs fürs Radio perfekt zu spielen. Aber ich habe die Tendenz, alles zu vermasseln. Selbst wenn diese wundervollen Streicher dabei sind. Es tut mir leid."
Auch wenn man die zum Ausdruck gebrachten Fehler nicht mitbekommen hat, so ist die erneut gespielte Version von "Lost" wirklich noch um ein ganzes Stück besser als die erste, bei der sich Robin von seinen Emotionen forttragen hat lassen. So wie bei dem alten Stück "The Death Of A Salesman", das Robin abbricht, da die aufkommenden Erinnerungen an Bassist Jimmy und eine falsch gesungene Strophe ihn zu überwältigen drohen.

Final song
Den Abschluss bildet das neue Stück "Signs", das auch auf der neuen Platte mit Streichern eine sehnsuchtsvolle Stimmung entwickelt. Passenderweise singt Robin darin über ein Erlebnis an einem Valentinstag. Natürlich eines, bei dem seine Freundin mit ihm Schluss macht. Wie kann es anders sein.
Trotz der ganzen Schwere und Traurigkeit, die Robin ausstrahlt (ich habe leider nicht mitgezählt, wie oft die Worte sad und pain an diesem Abend gefallen sind, aber ich schätze, die Zahl liegt im oberen, zweistelligen Bereich), fasst er mit spitzem Humor und Selbstironie seine Moderationen zusammen:
"... bla bla bla - my life is shit - bla bla bla - valentines day - bla bla bla ..."
Wie kann man solch einen Menschen und seine ehrliche Musik nicht ins Herz schließen?
Andreas Gstettner, fm4.orf.at, 15.02.2009


Review 2
Traurig bin ich sowieso
Der notorisch deprimierte Robin Proper-Sheppard schüttete bei der FM4 Radio Session sein Herz aus. Das Leben ist zum Weinen.
Trauer, Kummer, Hoffnung und Herzschmerz. Diese leider zum Leben gehörenden Thematiken wurden und werden von der Popmusik gerne verhandelt. Aber nicht jeder kann gut, ehrlich und vor allem schön traurig sein und deshalb bleibt es bei vielen Künstlern beim Versuch – nicht so bei Robin Proper-Sheppard alias Sophia. Der Wahl-Londoner veröffentlicht seit gut 12 Jahren kleine Meisterwerke, in denen er von gescheiterten Beziehungen und der damit verbundenen Einsamkeit erzählt. Der Mann leidet – und wie! Das bewies er auch bei der von FM4 veranstalteten Radio Session.
"I guess I'm losing my direction" singt der Chefmelancholiker am Samstag im hoffnungslos überfüllten Radiokulturhaus ("FM4 kann nicht zählen!") in der Eröffnungsnummer "Directionless" aus dem Album "The Infinite Circle". Begleitet von einem gut abgestimmten Streicher-Quartett stand er im gedämmten Licht, das seine Akustikgitarre immer wieder reflektierte, und kündigte jedes Stück als "sad song" an. Dabei suhlte sich Sheppard nicht im Selbstmitleid, sondern kommentierte seine Leiden immer wieder mit von Ironie getragenen Ansagen. Neben den minimalistisch arrangierten Trostlosigkeiten gibt es im Oeuvre von Robin Proper-Sheppard aber auch so etwas wie "happy songs". Viele sind es zwar nicht, genauer gesagt zwei. "Lost (she believed in angels)" ist einer davon, ein Lied für seine verstorbene Mutter, in dem er die letzten Atemzüge dokumentiert: "One last breath for the beauty / For the sunset / And the sorrow". Was einen daran "happy" machen kann, weiß wohl nur Proper-Sheppard.
Songs wie "Bastards", "Oh My Love" oder das auf dem neuen, im April erscheinenden Longplayer "There Are No Goodbyes" zu findende Stück "Heartache" legten eine fast erdrückende Melancholie über das Publikum, von der man sich auch nach dem Konzert nur schwer befreien konnte. Aber so richtig traurig war nur einer an diesem Aben – und zwar Robin Proper-Sheppard. Begleitet von jubilierenden wie zu Tode getrübten Streichern gab er den ultimativen Schmerzensmann: "I don't want to be alone". Und das am Valentinstag. Das Leben ist zum Weinen!
Marco Weise, Kurier, 16.02.2009


To get a ticket for the radio session, FM4 listeners had to send in a photo their favourite farewell gift.
You can see some of the competition entries here: http://fm4.orf.at/stories/1601223/


Photos by Pamela Russmann











Photos by Florian Wieser

























Photos by Kerstin Ohler