Sophia (+ string section & Astrid W.) - May 14 '09: Sputnikhalle, Münster (DE) , with Black Rust

Setlist:
The Sea
Birds
A Last Dance (To Sad Eyes)
Storm Clouds
Oh My Love
Pace
Desert Song No. 2
Signs
Something
I Left You
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Heartache
Lost (Robin solo + strings)
Obvious
River Song


Review 1
Welchen Grund kann es geben, ins 50 Kilometer entfernte Münster zu fahren, wenn daheim open air und für lau SUGARPLUM FAIRY spielen? Heuer waren es sogar zwei sehr gute Gründe: Nicht nur, dass Mr. Robin Proper-Sheppard mit seiner Band SOPHIA in der Domstadt weilte, zusätzlich hatte der Exil-Ami mit BLACK RUST auch noch einen hochkarätigen Support mitgebracht. Vom Können der Westfalen konnte sich der Chef-Melancholiker als Produzent des aktuellen BLACK RUST-Albums „Medicine & Metaphors“ ausgiebig überzeugen, da wäre es beinahe grob fahrlässig gewesen, wenn SOPHIA nicht die Live-Unterstützung des Sechsers in Anspruch genommen hätten.

Auch ich habe die Anfang des Jahres erschienene BLACK RUST-Langrille gleich beim ersten Hören ins Herz geschlossen, weshalb es doppelt bedauerlich war, dass die ersten 15 Minuten anreisebedingt ohne mich stattfanden. Dafür hatten sich in der alten Fabrikhalle am Hawerkamp jedoch schon jede Menge Indie-Fans jeden Alters eingefunden, die zu recht gebannt der Musik lauschten. Auf dem Programm stand leidenschaftlicher Americana, der mal melancholisch, mal rockend und immer absolut hörenswert und emotionsgeladen daherkam. Ursprünglich als zwei-Mann-Projekt von Sänger und Gitarrist Jonas Künne und Julian Osthues (Gitarre, Mandoline und Mundharmonika) gegründet, werden BLACK RUST inzwischen zusätzlich von Adrian Hemley an den Drums, Christoph Seiler am E-Piano, Julian Jacobi am Kontrabass und Norbert Künne an den Percussions verstärkt. Eine perfekte Instrumentenkombination, bei der besonders die große Bassgeige herausstach. Beim krachenden Finale flog deren Bogen alsbald hochkant in die Ecke, schließlich kann man den hölzernen Resonanzkörper ja auch mit den Fingern zupfen. Julians Kollegen auf der Stage machten eine nicht minder gute Figur und verzauberten die Anwesenden mit ihren mitreißenden Songs. Einen besseren Einstieg in den Abend hätte es wohl nicht geben können; kein Wunder, dass neben Proper-Sheppard auch Thees Uhlmann (TOMTE) und Chris Eckman von den WALKABOUTS zu den BLACK-RUST-Fans zählen, deren Zahl an diesem Donnerstag mit Sicherheit weiter angestiegen ist.

Wirkte die Bühne der Sputnikhalle bereits bei BLACK RUST ganz schön voll, konnten SOPHIA diesen Eindruck problemlos toppen. Schließlich war Mastermind Robin mit großem Gefolge angereist. Nicht nur seine Band, auch ein Streichquartett beanspruchte Platz auf der Stage, doch nach einigem Stühle rücken und Geigen stimmen, konnte es um 21.20 Uhr mit „The Sea“ losgehen. Von der ersten Sekunde an hatte der gut gelaunte Wahl-Londoner Proper-Sheppard sein Auditorium fest im Griff und wenn es so schien, als hingen die Anwesenden an seinen Lippen, dann war der Fronter, der die Band 1996 nach der Auflösung von THE GOD MACHINE gegründet hat, mindestens knietief in seinen Songs versunken. Zwischendrin gab’s auch mal einen kleinen Plausch über einen verletzten Finger, der wie bei einem mittelschweren Massaker geblutet haben muss, oder vergangene Konzerte im Gleis 22. In diesen Momenten wirkte der smarte Schlacks sehr aufgeräumt, aber wehe, er griff in die Saiten seiner Akustikgitarre (von denen übrigens erstmalig während eines Gigs eine beim grandiosen „Desert Song No. 2“ vom 2004er „People Are Like Seasons“ gerissen ist): Dann regierte bittersüße Schwermut, wobei sich SOPHIA durchaus auch auf flotte Sounds verstehen. Genannt seien hier stellvertretend „A Last Dance (To Sad Eyes)“ und „Oh My Love“, die ohne Geigen und Cello intoniert wurden. Bisweilen tauschte der Herr an den Keys sein Arbeitsgerät auch gegen eine Langaxt, während die weiblichen Vocals in Teilzeit beschäftigt wurden. Hin und da fügte die Blondine der Darbietung neben ihrem ätherischen Gesang zusätzliche elektronische Versatzstücke hinzu, gelegentlich saß sie aber auch einfach nur gebannt auf ihrem Stuhl. Ob die Musik aus der Feder von Robin Peper-Sheppard ihren Zauber auch dann nicht verliert, wenn man selbst mitwirkt? Kein Wunder, wenn es sich um ein Melancholie-Schwergewicht wie „Signs“ vom kürzlich erschienenen fünften Studio-Longplayer „There Are No Goodbyes“ handelt. Nach eigenem Bekunden ist „Something“ vom gleichen Album Robins Lieblingsstück; ein Umstand, der wohl auch für einen Fan direkt hinter mir galt, der mangelndes musikalisches Talent mit Lautstärke wettzumachen versuchte. Das klappte zumindest insofern, dass er vom Bandleader wahrgenommen und gelobt wurde – mir wäre allerdings ein ungestörter Hörgenuss lieber gewesen. Ein anderer Zuschauer kommentierte nur mit „Du singst ganz schön laut!“... Der intensiven Stimmung in der Sputnikhalle konnte die Gesangseinlage letztlich nichts anhaben und so ging’s mit „I Left You“ hochemotional in die letzte Runde der regulären Spielzeit.

Eine Zugabe durfte natürlich nicht fehlen und so kehrte zunächst der SOPHIA-Vorstand mit den Damen und Herren Streichern zurück, um einen „funny song“ zu spielen. Wenn so eine Ansage aus dem Mund von Robin Proper-Sheppard kommt, liegt im Grunde schon auf der Hand, dass die Nummer lvermutlich mit Düsternis besticht und so war es dann auch mit dem wunderbaren „Heartache“. Absprachegemäß sollte es an dieser Stelle wohl mit der gesamten Mannschaft weitergehen, weshalb sich bis auf den Gitarristen alle wieder an ihren Arbeitsplätzen einfanden, allerdings war der Chef wohl in ungebremster Spiellaune und haute noch fix mit Streichern und Keyboarder „Lost (She Believed In Angels)“ vom 2006 veröffentlichten „Technology Won’t Save Us“ raus. Bei dieser Nummer gab es endgültig keinen Zweifel mehr: Proper-Sheppard lebt seine Lieder und wird geradezu eins mit ihnen. Das gilt übrigens auch für die treibenden Tracks, allen voran der abschließende „River Song“, der inzwischen auch schon elf Jahre auf dem Buckel hat, seit seinem Erscheinen auf „The Infinite Circle“ aber nichts an Schmackes verloren hat. Zum Schluss wurde es nach 90 Minuten deshalb noch ein wenig psychedelisch und zu viel Geschrammel kündigte sich spannungsgeladen ein brachiales Ende an.

Wer hier mit von der Partie war, erlebte von der ersten bis zur letzten Minute ein großartiges Konzert ohne jeden Fehl und Tadel. Münsters Indies durften sich zweifelsohne glücklich schätzen, dass SOPHIA einen von nur fünf Deutschland-Gigs an der Aa zelebriert haben. Wer von BLACK RUST noch nicht genug bekommen hat, kann sich die Jungs am 22. Mai noch einmal bei Münsteraner Eurocityfest open air und für lau zu Gemüte führen. Womit sich der Kreis wieder schließt...
ump, www.musik.terrorverlag.de, 14.05.2009


Review 2
Herrlich war's, wieder... Robin Proper-Sheppard bringt live mit seiner monströsen Sangeskunst und seinem umwerfenden Charisma noch tausend Mal mehr Emotionen und Stimmung rüber als auf CD. Gestern durfte ich ihn samt seiner Band, einem Streichquartett und Astrid Williamson, die ihn auf dem neuen Album als Gastsängerin unterstützt, von der ersten Reihe aus genießen. Die Gesamtatmosphäre war klasse, auch weil Proper-Sheppard immer wieder mit dem Publikum Kontakt aufnahm und auch schon lange vor der Show sympathisch lächelnd durch die Sputnikhalle lief. Musikalisch war von den geliebten Klassikern wie Oh my love oder The sea bis zu den neueren Schmachtfetzen wie Heartache oder Something (mit Williamson) alles dabei. Überrascht hat mich, dass die aktuelle Single, There are no goodbyes nicht auf der Setlist stand; enttäuscht war ich darüber, dass sie meinen absoluten Liebling, Lost, der auch lautstark vom Publikum gefordert wurde, als Zugabe nur in der Acoustic Version vortrugen, wo der Song doch von seiner besonderen Energie lebt. Bei Liedern wie I left you, die einen schlichtweg umhauen, weil sich Proper-Sheppard derart reinsteigert als gäbe es kein Morgen, wird überdeutlich, dass Sophia im Kern eine One-Man-Show ist, die mit dem Sänger steht und fällt. Als letztes Stück gaben sie großartigerweise den uralten River song zum Besten (wenn ich mich recht erinnere, stand das auch beim letzten Konzert in Münster am Ende), der in ohrenbetäubender Lautstärke an die rockenden Zeiten von Sophia erinnerte, welche man manchmal vermisst. Insgesamt war das ein magischer Abend, der viel länger hätte dauern müssen und der einen voller Ungeduld auf das nächste Sophia-Konzert zurücklässt.
sheer, forum.musikexpress.de


Review 3
Das Wetter ist fast zu schön für ein Konzert. Biergartenlaune und Grillstimmung machen sich breit, als ich das Außengehege der Sputnikhalle betrete - mit Robin Proper-Sheppard im Schlepptau, der so freundlich war, die am Einlass entstandenen Gästelistenprobleme selbst in die Hand zu nehmen. Nach einem äußerst informativen und sympathischen Interview heißt es Beeilung, um den Opener des Abends nicht zu verpassen.
Das Warm-Up für Sophia übernehmen Black Rust aus Ahlen, deren aktuellen Longplayer Medicine & Metaphors der Sophia-Sänger höchstpersönlich produziert hat. Es ist das dritte mal, dass ich die Herren live auf der Bühne bewundern darf - und bin wie immer fasziniert von der wunderschönen Melange aus Akustik-Folk und Pop. Black Rust spielen in der halben Stunde ein herrliches Set aus Balladen wie Song From The Edge Of Bed oder Marlene, die sich mit energiegeladenen Tracks wie New Year's Day oder Heartache. Now! abwechseln. Beendet wird das Ganze mit dem obligatorischen Neil Young-Cover von Rockin' In A Free World.
Nach einer kurzen Umbaupause, in die genau ein Drink und eine Zigarette passen, finden sich Sophia nebst Streichertrio auf der Bühne ein, um ein letztes Mal ihre Instrumente zu stimmen. Es hätte nur einen Line-Check gegeben, erklärt uns später Robin Proper-Sheppard - und fügt grinsend hinzu, dass Sophia sowieso keinen wirklichen Soundcheck benötigen. Ohnehin erweist sich der Mann, der für die Schwere und Melancholie seiner Songs berühmt und berüchtigt ist, als äußerst agil und redselig. Gleich zu Anfang des Konzerts lässt er die Zuschauer an seiner vollen Blase teilhaben. Die Zeit war zu knapp, um noch das stille Örtchen aufzusuchen. Den musikalischen Einstieg geben The Sea und Birds, einige der wenigen älteren Sophia-Tracks, die es auf die Setlist geschafft haben. Der Schwerpunkt des heutigen Abends liegt eindeutig auf dem aktuellen Longplayer There Are No Goodbyes. Von Storm Clouds über Something bis hin zu Sad Dance To Sad Eyes bekommt das Publikum beinahe alles serviert, was Sophia an brandaktuellen Songs zu bieten haben. Nach dem Motto "Darf es sonst noch etwas sein?" bekommt man darüber hinaus auch noch die amüsanten Anekdoten Proper-Sheppards geboten, der mal über seinen lädierten Finger philosophiert und mal ausgelassen das Plakat einer Newcomer-Veranstaltung kommentiert.
Unterstützung erhält der Sänger an diesem Abend nicht nur von seiner Band und den Streichern - auch Ex-Freundin Astrid Williamson ist mit von der Partie, um den Songs durch weibliche Backing-Vocals eine besondere Note zu verleihen. Und spätestens da schleichen sie sich ein, die großen Emotionen. Macht sich bei Signs bereits eine leichte Gänsehaut auf meinen Unterarmen bemerkbar, so steigert sich das Ganze bei I Left You in einen Schauer, der von den Armen über meinen Rücken bis in meine Waden läuft und wieder zurück.
Wer nun glaubt, alles gehört zu haben, der irrt. Sophia lassen es sich nicht nehmen, noch einen Zugabenblock anzuhängen. Findet sich passend zu Hearbreak noch die gesamte Band auf der Bühne ein, so bittet Proper-Sheppard selbige bei Lost wieder höflich, die Bretter, die die Welt bedeuten, zu verlassen. Es sei ein Song, den er am besten fühlen könne, wenn er ihn alleine spielt. Ich fühle nach den ersten Akkorden nur noch den wachsenden Kloß in meinem Hals, als der Mann mit seiner Gitarre und das Streichertrio eine akustische Version des Tracks zum Besten geben, in der ich beinahe zu ertrinken drohe. Auf Obvious folgt The Riversong, das sich gegen Ende zu einer alles umschließenden Wand aus Gitarrenriffs aufschaukelt und die leisen Zwischentöne des Abends regelrecht aus der Sputnikhalle zu fegen scheint. Ein energetischer Abschluss eines großartigen Konzertabends.
Gänsehautgebeutelt aber beseelt mache ich mich auf den Heimweg: Die obligatorische Pall Mall im Mundwinkel und meine Fotografin im Schlepptau, während mir eine Passage von Black Rust durch den Kopf geistert: "All that's left is heartache now, but I admit loving it." Viva La Emotion!
Katja Embacher, popconnection.de



Photos by Ulrike Meyer-Potthoff