Sophia (+ string section & Astrid W.) - May 17 '09: Brotfabrik, Frankfurt (DE) , with William Fitzsimmons

Set list:
The Sea
Birds
A Last Dance
Storm Clouds
Ship In The Sand
Obvious
Pace
Swept Back
Desert Song #2
Signs
Something
Leaving
I Left You
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Razorblades (Robin solo + strings)
Lost (Robin solo + strings)
Oh My Love
The River Song


Review 1
In den frühen 90er Jahren nahmen Robin Proper-Sheppard und seine Band “The God Machine” mit “Scenes from the second storey” und “One last laugh in the place of dying…” zwei herausragende Studioalben auf. Die Alternative Press reihte ihr letztes Album 1998 zu Recht in ihre Liste der 90 besten Alben aus den 90ern ein.
The God Machine klangen damals anders als die Anderen. Sie trugen ihre düsteren, experimentellen, fast schon depressiven Songs mit einer bleiernen Schwere vor, mischten verschiedene Stilrichtungen wie Wave, Doom, Gothic und Noise zu ihrem eigenen Rezept und entwickelten sich zu einem absoluten Geheimtipp.
Die Band galt als Hoffnungsträger im alternative Rock Sektor und war auf einem sehr guten Weg, der am 23. Mai 1994 auf tragische Weise abrupt enden sollte.
Als die Band gerade dabei war ihr zweites Album im Studio abzumischen, musste der Bassist und Sandkastenfreund von Robin Proper-Sheppard, Jimmy Fernandez, plötzlich ins Krankenhaus eingeliefert werden. Dort fiel er in ein Koma und verstarb noch am selben Tag an einem Gehirntumor.
Selbstverständlich saß der Schock innerhalb der Band tief. So tief, dass sie sich unmittelbar nach Veröffentlichung des Albums “One last laugh in the place of dying…” auflösten, nicht jedoch ohne dieses Album ihrem verstorbenen Bassisten zu widmen, dessen letzten kurzen Lacher sie an seinem Totenbett vernahmen.
Trotz vieler Überredungsversuche bestand offenbar nie die Option, die Band mit einem anderen Bassisten weiter zu führen. “Wir haben nicht vor, solange mit einem anderen Bassisten herumzufrickeln, bis er sich wie Jimmy anhört. God Machine waren von jeher wir drei gegen den Rest der Welt - mehr als eine Arbeitsgemeinschaft”, sagte Robin Proper-Sheppard. The God Machine waren Geschichte.
Es dauerte ganze 3 Jahre, bis es wieder ein musikalisches Lebenszeichen von Robin Proper-Sheppard gab. Er gründete das Bandkollektiv Sophia und veröffentlichte mit “Fixed Water” ein Debutalbum, das mehr eine traurige und melancholische musikalische Vergangenheitsbewältigung war. Aber nicht nur das, „Fixed Water“ war auch ein Album, das sich mehr wie ein Abschied als wie ein Neuanfang anhörte. Man hatte nicht das Gefühl, dass nach diesem Album noch etwas kommen würde. Glücklicherweise stimmte das nicht. Im Gegenteil.
Erst vor kurzem hat Robin Proper-Sheppard (Sophia) mit “There Are No Goodbyes” sein bisher 5. Studioalbum veröffentlicht. Und genau das ist auch der Anlass für diesen Artikel, denn einem Studioalbum folgt meist was? Richtig, eine Tour. Vorgestern, am Sonntag dem 17.05.2009, war es für mich dann soweit. Nachdem ich schon viele Jahre Good Machine und Sophia Fan bin, durfte ich am Sonntag mein erstes Sophia Konzert erleben.
Nach mehrmaligem Durchhören des neuen Albums war ich im Vorfeld ehrlich gesagt ein wenig skeptisch. Ich hatte Angst, dass das Konzert arg poppig werden könnte. Denn trotz aller Tiefe und der sehr persönlichen Lyrics, gibt es doch einige Sophia Songs, die für meinen Geschmack nach Mainstream Pop schmecken. Und das ist so ziemlich das letzte, weswegen ich ein Konzert besuchen würde.
Zum Glück wurden meine Bedenken bald zerstreut. Just als wir den Saal betraten begannen Sophia mit ihrem Set, und um es gleich vorweg zu sagen, sie spielten ein episches Set. Die Band stand mit insgesamt 10 Musikerinnen und Musikern auf der Bühne: ein hinreisendes String Quartett (Violinen und Cello), ein Bassist, 2 Gitarristen, ein Schlagzeuger, eine Sängerin und Robin Proper-Sheppard an der akustischen Gitarre und Gesang.
Das String Quartett fügte sich perfekt in alle Phasen des Konzerts ein, sie spielten gemeinsam mit der kompletten Band, sie spielten mit Robin und seiner akustischen Gitarre und sie spielten auch noch beim letzten Song des Konzertes, bei dem es sich um die ebenso gewaltige wie geniale Noise Arie “The River Song” handelte, die in dieser vorgetragenen Form gelegentlich an Placebo erinnerte.
Akustische Gitarren und Strings sind für mich ohnehin Zucker für die Ohren, aber in einer solchen Qualität und derart Facettenreich habe ich das bisher noch nicht erlebt. Bei jedem kommenden Konzert ohne ein String Quartett würde ich dieses stark vermissen.
Die Musik von Sophia klingt auf ihren neueren Studioalben teilweise etwas brav und poppig, die gleichen Songs in ihren Liveversionen sind jedoch intensive Gewitterregen und lauernde Tiger, die sich auch gerne mal in eine ganz andere Richtung entfalten, als dies auf Platte geschieht. Und nun sollte auch klar werden, warum ich Eingangs einen kurzen Schlenker zu Robin Proper-Sheppards früherer Band “The God Machine” gemacht habe. Im Gegensatz zu den neueren Sophia Studioalben schwingt bei Sophia Gigs in einigen Songs definitiv immer ein Stück “The God Machine” mit, und das ist gut so. Sehr gut sogar. Wer Sophia nur vom Studioalbum kennt, der kennt Sophia nicht, soviel ist klar.
Zu Beginn des Konzertes sagte meine Freundin zu mir, und ich gab ihr damit Recht, dass es ja Schade wäre, dass Robin Proper-Sheppard ein bisschen wenig Ausstrahlung hätte. Und auch ich fand bisher, dass Herr Proper-Sheppard auf Bildern ein wenig das Flair eines Bankkaufmann verbreitete. Diese Gedanken revidierten sich jedoch sehr schnell. Mit jedem weiteren Song bekam Mr. Proper-Sheppard die Aura und Ausstrahlung, die Musiker haben, die in ihrem Leben viele solcher großartiger Songs geschrieben haben, wie er es getan hat. Eine Ausstrahlung, die ein Musiker hat der auf der Bühne im Angesicht seines Schweißes in der glücklichen Lage ist, sein Publikum zu verzaubern. Nichts anderes macht Robin Proper-Sheppard.
Alleine die Live Version eines meiner Lieblings Sophia Songs “I Left You” hatte eine so gewaltige Macht und Intensität, dass sich der Konzertbesuch nur für diesen Song gelohnt hätte. Und da Gänsehaut nicht lügt, kann ich sagen, dass es mehrerer solcher Momente gab.
Ich würde mir wünschen, dass die Sophia Bootleg Trader einen Mitschnitt von diesem wirklich sehr schönen Konzert im Angebot hätten. Zu tauschen hätte ich allerdings leider nichts. Außer einem der schönsten Konzerterlebnisse der letzten Zeit.
Dankeschön Sophia!
Marius, www.maingold.com, 19/05/2009


Review 2
Obwohl sein zweites Album "Goodnight" 2008 über das Label Haldern Pop in Deutschland erschienen ist, fliegt William Fitzsimmons bedauerlicherweise unterhalb der Wahrnehmungsgrenze. Dabei haben seine persönliche Geschichte, seine anrührenden Lieder und seine weiche Stimme alles, um Menschen, die Damien Rice oder Scott Matthew mögen, sofort mit einem Schuss direkt ins Herz zu Boden zu strecken. Sein in den USA schon erschienenes Werk "The Sparrow & The Crow" soll erst im Herbst in Deutschland veröffentlicht werden, was ihn aber nicht davon abhält, die Songs im Vorprogramm von Sophia fleißig mit vorzustellen. Wie bei so vielen Indie-Songwritern üblich trägt er langen Rauschebart, und wenn man seine Platten hört, kann man nicht anders, als einen introvertierten, zurückhaltenden Menschen auf der Bühne zu erwarten. Stattdessen sitzt ein gutgelaunter Schrat mit seiner Gitarre auf der Bühne, kalauert sich auf hohem Niveau durch die Ansagen, um dann völlig glaubwürdig und ohne Übergang Lieder anzustimmen, die Felsen zum Weinen bringen können. Obwohl Fitzsimmons nicht darauf hoffen konnte, dass ihn viele Leute in Frankfurt kennen, erobert er das Publikum im Sturm und beide Seiten scheinen glücklich, dass ihm mit fast 45 Minuten ein relativ großer Slot als Support-Act zugestanden wurde.
Die angenehme Grundstimmung des Abends blieb erhalten, als Robin Proper-Sheppard sichtbar gut gelaunt und uneitel in der Umbau-Pause auf die Bühne stiefelte um seinen Laptop einzustöpseln und die Bühne für seine Band vorzubereiten. Unterstützt von einem Streich-Quartett präsentieren Sophia das neue Album "There Are No Goodbyes" und beweisen wieder einmal eindrucksvoll, wie gut sie die Balance aus eruptierenden Sound-Wänden und fragilen Momenten beherrschen. Obwohl Proper-Sheppard der Ruf eines schwierigen Zeitgenossen vorauseilt, ist er an diesem Abend in der Frankfurter Brotfabrik bester Laune und als donnernde Gitarren nach gut zwei Stunden die Zuschauer in den Frühlingsregen schicken, scheint es bei niemandem Zweifel zu geben, dass das wirklich ein guter Abend war.
Dirk-Michael Mitter, schallplattenmann.de, 25/05/2009


Photos by Angelo



































Photos by Tania Tampieri