Sophia (+ string section) - Sep. 29 '09: WuK, Wien (AT), with Dark Captain Light Captain

Set list
The Sea
Swept Back
Signs
Ship in the Sand
Storm Clouds
Oh My Love
Desert Song No2
Leaving
Pace
Obvious
Dreaming
I left you
The River Song
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Heartache (solo with strings)
Lost (She Believed in Angels) (solo with strings)
Something (solo with strings)
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If A Change Is Gonna Come


Review
Sophia und Wien sind eine wunderbare Kombination. Im Februar lud der Radiosender FM4 – wohl nicht ganz zufällig – am Valentinstag zur exklusiven „Radiosession“ ins Radiokulturhaus. Wer den Saal in erwähntem Gebäude kennt, sowie um die beachtliche Fanschar von Robin Proper-Sheppard weiß, kann sich vorstellen, dass gewaltiger Andrang auf die streng limitierten Karten herrschte. Noch dazu handelte es sich ja um eine komplette Akustikshow mit Streichquartett.
Genug Gründe eigentlich, um bei der Kartensuche leer auszugehen. Umso mehr freute ich mich, als im vergangenen Juni ein neuerlicher Besuch der Herren angekündigt wurde, diesmal ein reguläres Konzert, dennoch mit Streichquartett.
So wie mir scheint es im Februar vielen ergangen zu sein, denn das WUK war gut gefüllt und das trotz zweier Konkurrenzveranstaltungen mit zugkräftigeren Namen. Aber das WUK hat nun mal – nicht zuletzt dank seiner konsequenten Bookingpolitik – eine solide Basis aus Stammgästen, auch viele reifere Semester.
Als Support durfte – wie auch in Deutschland - die Ostlondoner 5-Mann-1-Frau-Truppe „Dark Captain Light Captain“ ran. Mehrstimmiger Gesang, von sakral bis Falsett, ist ja immer noch schwer in Mode und die Nähe zu den allgegenwärtigen Fleet Foxes können auch die Engländer nicht leugnen. Doch so blutjung wie die Sub Popper aus Seattle sind unsere Freunde mit dem antithetischen Namen vermutlich nicht mehr, einwandfrei belegen lässt sich das leider nicht, denn ein Großteil der Herrenriege stellt den Typus Mann dar, den man alterslos nennt: unspektakulär gekleidet, legere Sandalen und auch in den Angesichten findet sich kein verrätischer Hinweis auf das wahre Alter. Kurz: DCLC könnten alles zwischen 20 und 50 Jahren sein. Einzig die Trompeterin, ein anmutiges Mädchen, ist eindeutig um die 20.
Genauso unspektakulär wie ihr äußeres Auftreten gestaltet sich denn auch ihre Musik. Hübsche Harmonien, unauffällige Loops und minutenlange, verträumte Instrumentalsolos. Sehr schön zum Anhören, aber langfristig werden es die Londoner nicht zu großer Bekanntheit bringen. Zu verwechselbar sind alle Songs, einer gleicht dem anderen. Als Opener an diesem Abend gingen sie voll in Ordnung, da hat es schon Schlechteres gegeben und das Publikum quittierte den halbstündigen Auftritt denn auch mit gehörigem Applaus, so wie im Theater, wenn eine solide Inszenierung geboten wurde, aber der ganz große Wurf ausblieb, denn das Theater schien die angestammte Heimat vieler Besucher zu sein, auch mehrere Herren im tiptop Anzug wurden gesichtet.
Gegen neun Uhr betritt dann Robin die Bretter, die die Welt bedeuten, nicht zum ersten Mal an diesem Abend allerdings, denn er hat es sich nicht nehmen lassen, die Gitarren selbst einzuspielen. Mit ihm kommt seine Band – das Sophia Collective – und das erwähnte Streichquartett auf die Bühne. Ebendessen Besetzung ist die eines klassischen Streichquartetts: Zwei Geigen, ein Cello und ein Bratsche.Robin hat Zeit, dass merkte man gleich zu Beginn, als er sich Zeit nahm, um seine Beziehung zu Wien zu erläutern und sich an jenen Abend im Februar zu erinnern, das bisher beste Konzert auf der Tour zum neuen Album, wie er meinte.Mit The Sea wurde dann Abschied von der Vergangenheit genommen und das Hier und Jetzt im heimeligen WUK begrüßt. Swept Back stellte dann den ersten Höhepunkt dar, nur die Fotografen im Fotograben, eine Einrichtung, die im WUK sonst glücklicherweise nie eingesetzt wird, beeinträchtigten die Sicht doch erheblich. Nach Signs hatten die werten Herren glücklicherweise genug Impressionen festgehalten und gingen ihres Weges. Ungleich näher fühlte man sich somit dann, als Robin mit geschlossenen Augen bei Ship in the Sand Schiffbruch erlitt. Ganz große Gefühle kamen da auf, zu denen sich dann auch Meister Proper bekannte: „I love it, when it’s all quiet and somebody in the first row whispers the lyrics. That’s why I’m doing this.“
Von da an konnte er auf viele weitere Mitsänger bauen, nicht nur, weil mit Storm Clouds und Oh My Love zwei Songs folgten, die man gemeinhin als „Hits“ bezeichnet.
Gemächlich und unaufgeregt ging es weiter, ohne dahinzuplätschern bewegten sich das Sophia Collective mit Streicherunterstützung und Vocalist Robin selbst durch die Setlist. Selbst die, für Sophia’sche Verhältnisse, lauteren, „noisigeren“ Stellen wirkten nicht grob. Oder, um es mit einem Kritiker eines Wiener Feuilletons zu sagen: „Sophia sind leise, auch wenn sie laut sind.“ Eine Aussage, die gewollt widersprüchlich und vor allem künstlich scheint, aber ins Schwarze trifft. Auch wenn Robin Proper-Sheppard sein Leid öffentlich in Szene setzt und seine Emotionen nicht zurückhält, merkt man doch, was für einen außergewöhnlich ruhigen Charakter man vor sich hat. Das Werkzeug dieses Menschen ist die Schwermütigkeit und das Subtile, wer auf die wildere Variante der Gefühlsauslebung steht, wird mit Sophia weniger anfangen können.
Dann folgte eine Premiere: Obwohl sie den Song auf der Tour noch nie gespielt hätten, würden sie jetzt Dreaming zum Besten geben, kündigt Robin an, einen nicht besonders komplexen Song, wie er selbst gestand. Eine junge Dame hätte ihn tags zuvor nach der Show in Berlin angesprochen und gefragt, warum man immer vergeblich auf Dreaming warte, worauf Robin ihr versprach, ihr den Song zu widmen, wenn sie ihn spielen würden. Dies geschah auch, Robin und seine Akustikgittare bestritten Dreaming allein auf der Bühne. Man darf hoffen, dass die werte Berlinerin über Umwegen erfahren wird, welche Ehre ihr zuteil wurde.
Nach fast zwei Stunden Spielzeit (natürlich inklusive Robins charmanten Geplaudere) ging mit If A Change Is Gonna Come ein sehr schöner Abend zu Ende, an dem es wenig bis nichts auszusetzen gab und an dessen Ende man sich eher wünschte, einer der neuen Sophia-Songs wäre Realität: „There are no Goodbyes.“
Julius, www.konzerttagebuch.de, 04.10.2009


Photos by Matthias Hombauer
























Photos by Kerstin Ohler













Photos by Marcel Groeneveld