Sophia (Robin solo + string quartet) - Jul. 23 '11: Tübingen Lauscht Festival, Tübingen (DE)


Band set-up:
Vocals + Acoustic guitar: Robin Proper-Sheppard
String quartet: Calina de la Mare, Sarah Button, Rob Spriggs, Sarah Willson


Review
Triumph der leisen Töne
Robin Proper-Sheppard, Sophie Hunger, Max Herre: Das waren die Höhepunkte bei "Tübingen lauscht" - mit entspannten Klängen von fünf Künstlern.
Veranstalter Holger Kesten konnte durchatmen. Entgegen der Vorhersagen zeigte sich das Wetter bei der zweiten Ausgabe des Festivals "Tübingen lauscht" von der besten Seite. Die Sonne strahlte vom Himmel, Regenschauer blieben ebenso aus wie Blitz und Donner. Nur die auftretenden Künstler wollten sich zum Auftakt partout nicht dieser Gute-Laune-Stimmung anpassen. Vor allem US-Barde Rocky Votolato und der schwedisch-amerikanische Songwriter Christian Kjellvander schwelgten im Zeichen von Selbstsuche und Düsternis. Für den ersten Höhepunkt sorgte somit der aus dem kalifornischen San Diego stammende, in London lebende Robin Proper-Sheppard. Der Sänger und Gitarrist ist unter dem Bandnamen Sophia unterwegs, er hat sich Trauer und Melancholie zu seinen Leitmotiven erkoren - und die setzt er gemeinsam mit einem Streichquartett filigran um. Kunstfertig spielt Proper-Sheppard mit bewährten Mitteln, starker Dynamik, Fokussierung auf seine kräftige Stimme und erneuter Öffnung hin zum Streichquartett. Seine Songs laden zum Schwelgen in Schönheit, Wohlklang und irritationsfreier Harmonie ein.
Obwohl diese introvertierte Musik nicht unbedingt für ein Open-Air-Konzert geeignet ist, strahlt die Intimität seiner Lieder bis in die hintersten Winkel des Marktplatzes. Ähnliches gilt für die Schweizer Sängerin Sophie Hunger. Zu hören ist ein fantasievoll-fantastisches Amalgam aus Folk und Pop. Eine mal feinsinnige, mal poltrige Musik, die von der klaren Stimme Hungers, von ihrem zarten Klavier- und Gitarrenspiel geprägt ist. Es ist schon beeindruckend, mit welch minimalen Mitteln die Diplomatentochter und ehemalige Hausbesetzerin die Herzen ihrer Fans erobert. Sie ist eine Attraktion beim anspruchsvollen Indiepop-, aber auch beim Mainstream-Publikum.
Von Anfang an bei ihr - ists auf dem Marktplatz mucksmäuschenstill. Begleitet wird sie dieses Mal von Christian Prader und Michael Flury, zwei Musikern aus ihrem angestammten Quartett. Auf einem zurückhaltend gewebten Klangteppich können sich Hungers Geschichten ganz entspannt ausbreiten. Alsbald setzt sie sich ans Piano, die akustische Gitarre kommt ins Spiel - und mit ihr ein Hauch von französischem Chanson. Während sie auf deutsch, englisch, französisch und schwyzerdeutsch singt, wechselt sie ständig zwischen Gitarre und Flügel. Ihre Musik spricht das verträumt auf dem Marktplatz-Pflaster sitzende Publikum ganz unmittelbar an und sorgt am Ende für stehende Ovationen.
Beim Finale mit Ex-Freundeskreis-Rapper Max Herre bleibt das Publikum gleich ganz stehen. Der von Stuttgart nach Berlin ausgewanderte Sänger gibt sich heute als gereifter Pop-Poet. Und diese neue Rolle steht ihm gut. Für Aufgeregtheiten textlicher oder musikalischer Natur ist der zweifache Familienvater nicht mehr zu haben. Vielmehr präsentiert er sich als entspannter Musiker und Entertainer - und wirkt glaubwürdig dabei. Kein Wunder, dass das Publikum seinen Max feiert. Er dankt es mit zwei tanzbaren Zugaben. Ebenso aufgeräumt und entspannt geben sich bei ihrer Zwischenbilanz Moderator Olli Schulz und Veranstalter Holger Kesten, dem angesichts des ausgebliebenen Regens "ein ganz dicker Brocken vom Herzen fiel". Einer Wiederholung im nächsten Jahr dürfte also nichts mehr im Wege stehen.
Jürgen Spiess, 25.07.2011, Südwest Presse





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