Sophia - 23/04/16: Muziekgieterij, Maastricht (NL), with Crying Boys Cafe |
Set list Review Später, nachdem das Konzert sein Ende gefunden hatte, stehen wir am Merchstand. ‘Und ich dachte immer, Robin Proper-Sheppard sei ein Brite‘ bemerkte ich nebenbei. ‘Seine Musik klingt so britisch‘. ‘Findest du?‘ kam die Frage zurück. ‘Ja‘. Wir warten darauf, kurz ‘Hallo‘ sagen zu können. Da wir aber nicht die einzigen waren, die das machen wollten, reihten wir uns in die Schlange ein und ich lauschte den Gesprächen der anderen mit dem Sophia Sänger. Der amerikanische Akzent war unüberhörbar. Nett scheint er zu sein, der Mann aus San Diego. Bereitwillig macht er Selfies ohne Ende und signiert enthusiastisch jedwede CD oder Platte, die ihm hingehalten wird. Dass die Security bereits mit den Füssen scharrt und am liebsten von jetzt auf gleich die Halle leerfegen möchte, interessierte ihn und uns erstmal nicht. Die Disco muss noch warten, die im Anschluss, oder vielleicht doch erst später – denn als wir die Muziekgieterij verlassen ist sie nahezu menschenleer – hier stattfindet. Positiv ist, dass wir nicht mit Absperrbändern herausgedrängt werden, sondern uns noch ein paar Minuten der Unterhaltung gegönnt wird, bevor wir dann alle den Saal verlassen. Ich habe Sophia so richtig erst im letzten Jahr kennengelernt. Klar, den Hit der Band, „Oh my love“ kannte ich bewusst unbewusst schon seit Jahren, die übrigen Songs aber, oder gar ein bisschen etwas über die Band, war mir bis dahin unbekannt. Auf dem Bruis Festival sollte sich das ändern. Sophia waren auch ein Grund, dieses Festival zu besuchen. Zu vieles und sehr oft hatte ich zuvor von Bekannten und Freunden über diese Band gehört. Nun gab es endlich die Gelegenheit, sie zu sehen. Das wollte ich mir damals nicht entgehen lassen. Sophia spielten seinerzeit in Bandbesetzung ein wunderbares, gitarrenlastig lärmendes und melancholisches Set, das mich sehr begeisterte. Ja, ich war angetan von der Band. Sehr angetan sogar. Und ich war ein wenig irritiert. Darüber, dass ich die Band nicht schon früher kennengelernt hatte. Denn das, was Sophia machen, war doch irgendwie meine Musik. Komisch, wie das manchmal so zugeht in dieser Welt. Als die Tour zum neuen Album As we make our way bekanntgegeben wurde, war klar, ich muss diese Band noch einmal sehen. Vor einigen Tagen stellte sich dann heraus, dass sich ihr Kölner Konzerttermin mit einem anderen Konzert überschneidet, für das ich schon ein Ticket besaß. Blöd. Da ist wochenlang nichts für mich interessantes los in der Stadt und dann kommen sie auf einmal alle zeitgleich. Aber es gibt zum Glück noch andere Städte und Konzertsäle in Reichweite, und nachdem ich recherchierte hatte, dass Sophia am Vortag in Maastricht spielen sollten, war die Konzertfahrt fix. Es ist ja nur ein Katzensprung, und Konzerte in den Nachbarländern sind eh die angenehmeren, weil die Säle schöner und das Ambiente aufgeräumter und ruhiger sind. Wo wird einem schon von einem kleinen Steppke das Ticket abgescannt, wohlumsorgt von seiner Mutter, die daneben stand und ein Auge hatte. Die Schönheit und die Annehmlichkeiten von Konzertbesuchen in Belgien und den Niederlanden, das war erneut der Punkt, über den wir vor dem Konzert sprachen. Es ist immer das gleiche, es fällt uns immer wieder von neuem auf. Ausgehängte Zeitpläne, entspannte, aufmerksame Mitarbeiter, ein grundsolider Servicegedanke in jedweder Hinsicht. Bei uns geht all das ein bisschen verloren. Wenn ich zum Beispiel nur kurz daran zurückdenke, wie lange wir beim letzten Mal an der Theke der Live Music Hall auf die Bedienung warten mussten. Von frisch zugebereiteten Speisen wie hier in der Muziekgieterij möchte ich erst gar nicht anfangen. Das wirklich einzig ärgerliche an Konzertbesuchen in Belgien und den Niederlanden sind diese Bezahlchips. Die muss man vorher an Automaten kaufen, um sich etwas kaufen zu können, und am Ende des Tages bleiben immer welche übrig. Die Muziekgieterij scheint ein relativ neuer Konzert- bzw. Kulturort zu sein. Es riecht noch ein wenig nach Baustelle, das Gelände um die ehemalige Gießerei ist mit Bauapparaten und Baumaterialien gut zugestellt. Leicht abseits der Stadt liegt sie in einem wohl ehemaligen Industrieareal, das jetzt nach und nach der urbanen Nutzung zugeführt wird. Die Gebäude drumherum sind teilweise schon schick renoviert und gentrifiziert. Das Musikgebäude, wenn es denn mal fertig sein wird, wird dann definitiv der kulturelle Anziehungspunkt dieses Stadtviertels. Und da gerade mal 90 km von Köln entfernt eine gute Alternative für Konzertbesuche. Das Programm in den letzten Wochen war hier zumindest höchstinteressant. Leider hatte ich es nicht rechtzeitig auf dem Plan, sonst wäre der Sophia Abend nicht meine erste Fahrt nach Maastricht geworden. Wie gesagt, alles riecht noch neu und somit war alles irgendwie super, weil auf dem aktuellsten Technikstand: der Saal, der Sound. Vor allem der Sound. Auch die Band war begeistert von dem Klang der Anlage. Beim Merchstand-Gespräch erkundigte sich Robin Proper-Sheppard gleich nach der Soudausstattung im Kölner Arttheater, als er realisierte, dass wir aus Köln kamen. Im Arttheater sollte die Band am nächsten Tag auftreten. Eine Auskunft konnten wir ihm darüber nicht geben, nur darauf verweisen, dass der Saal viel kleiner sei als hier. ‘Nun ja, sie würden es schon krachen lassen‘, so Sheppards Kommentar. Wir schmunzelten über die Antwort, denn das Konzert gerade war ordentlich laut. Die Band ließ es bereits ordentlich krachen. Ich kenne Sophia nur in dieser Konstellation, mit drei Gitarren, Keyboarder und Schlagzeug. (Und in dieser Lautstärke). Bereits auf dem Bruis Festival ein paar Straßenecken weiter spielte Robin Proper-Sheppard in Begleitung. Dass Sophia auch akustisch und solo geht, das wusste ich aus Erzählungen. Erlebt habe ich das bisher nicht, ich stelle es mir aber gut vor. Die Vorband ließen wir aus. Erst zum Sophia Intro gingen wir in den Saal, der eine angenehme Größe hat. Vielleicht 100 Leute waren da, gedrängelt voll war es also nicht. Im Dunkeln schlichen wir nach vorne. Das gesamte Konzert über sollte es dunkel bleiben, eine Bühnenausleuchtung oder gar direkte Schweinwerfer auf die Musiker verbot sich die Band. Nein, Licht störe nur, es ist ein unwillkommener Gast. Das ließ uns Robin Proper-Sheppard in einer ersten Ansage wissen. Es dauerte ein bisschen, bis der Sänger gesprächig wurde. Erst gegen Ende des Sets erzählte er über die Songs, bedankte sich bei seinen Maastrichter Freunden für die erneute Einladung und beim Publikum fürs kommen. Das Konzert bestand in der Hauptsache aus Songs des neuen Albums. Diese klingen, wenn ich das so sagen kann, wie das, was ich von Sophia kenne: Gitarrenlastige, melancholische Musik, ein bisschen düster, ruhig und getragen. A pro pos getragen. Im Laufe des Konzertes erzählte Robin Proper-Sheppard, dass ihn seine Tochter einmal gefragt hätte, warum er denn keine schnellen und poppigen Songs schreiben würde. Seine Antwort auf diese Frage blieb er uns schuldig, spielte aber – quasi als kleinen Gegenbeweis, dass er sowas auch kann – den Hit der Band, „Oh My Love“. Es bleibt das flotteste Stück des Abends. Das lauteste ist es aber nicht. Der Geräuschpegel war zwar schon zu Beginn hoch, aber gegen Ende wurde das Konzert eine Gitarrenwand. Die Band kündigte die letzten beiden Songs an, oder 20 bis 25 Minuten richtige Musik, wie Sheppard es im Hinblick auf die anschließende Disco formulierte. Es schien ihn etwas zu wurmen, dass im Anschluss Techno und/oder R’n’B angekündigt waren. Früher, so Sheppard weiter, wäre es immerhin noch eine Indiedisco gewesen. So wurden die beiden letzten Songs eine laute Trotzreaktion auf das kommende Discoprogramm. Eine schöne Trotzreaktion! Generell war es ein Abend, an dem die Schönheit von Stücken wie „So slow“, „It’s so easy to be lonely“ oder „The river song“ so richtig zur Geltung kam. Ein gutes Konzert. Eine gute Band. Ein schöner Konzertort. www.pretty-paracetamol.de, 25/04/2016 |