Sophia - 30/04/16: Kantine am Berghain, Berlin (DE)


Review
Trauerkloß-Musik mit Niveau: Sophia live und auf CD
Berlin - Wer eine Sophia-Platte kauft oder ein Konzert dieser Kultband um Robin Proper-Sheppard besucht, weiß, was er zu erwarten hat: Musik für die melancholischen Momente des Lebens. Manche meinen auch: Indierock für Trauerklöße.
Wer eine Sophia-Platte kauft oder ein Konzert dieser Kultband um Robin Proper-Sheppard besucht, weiß, was er zu erwarten hat: Musik für die melancholischen Momente des Lebens. Manche meinen auch: Indierock für Trauerklöße.
Das war am Samstagabend beim Auftritt der fünfköpfigen Truppe in der Berliner Kantine am Berghain nicht anders. Das seit 20 Jahren kaum veränderte Konzept von Sophia geht auch auf dem neuen, gerade mal sechsten Studioalbum «As We Make Our Way (Unknown Harbours)» (Flower Shop Recordings/Motor/Edel) wieder auf. Erhabene, traurige Moll-Töne, viel «sad» und «lonely» in den Texten - so funktioniert die Musik von Proper-Sheppard, der aus San Diego stammt und jetzt in London lebt. Der Ortswechsel ist dabei nur folgrichtig: Sophia-Songs stehen für britischen Nieselregen und nicht für kalifornische Sonne.
Live klingt die ohnehin wuchtig dräuende und dröhnende Musik der vom Postpunk beeinflussten Band, ihre «Wall of Sound», noch hermetischer als auf Tonkonserve. Das wurde vor allem im zweiten Teil des Berliner Konzerts deutlich, in dem Proper-Sheppard «some older stuff», gewissermaßen Klassiker der Bandgeschichte, spielte - zur großen Begeisterung der treuen Fans.
Zunächst hatten Sophia - der immer noch erstaunlich jung aussehende Frontmann und vier tatsächlich ziemlich jugendliche Mitstreiter - das neue Werk 50 Minuten lang quasi in Gänze zelebriert. Proper-Sheppard schätzt «As We Make Our Way (Unknown Harbours)» als eines der besten Alben seines Bandprojekts ein, daher die Komplett-Präsentation. Allerdings unterscheiden sich die zehn neuen Lieder mit ihrer melodiösen Schwermut, ihrem prägnanten Weltschmerz nicht allzu sehr von denen der Vorgänger «There Are No Goodbyes» (2009), «Technology Won't Save Us» (2006) oder «People Are Like Seasons» (2006).
Sophia ist eine Indie-Band für Eingeweihte, die ihren sehr markanten Sound schon lange gefunden hat und von Platte zu Platte verfeinert. Und Lieder wie aktuell «The Drifter» oder «Baby Hold On» werden dafür sorgen, dass Proper-Sheppard von seinem Kultstatus bei Kritikern und Fans weiterhin ganz gut leben kann.
dpa, Stern, 01/05/2016