Set List
Strange Attractor
Undone. Again.
I Left You
If Only
Alive
Wait
Birds
Desert Song No. 2
Road Song
Oh My Love
So Slow
Bastards
It's Easy to Be Lonely
--------
There Are No Goodbyes
Ship In The Sand
I'd Rather
Resisting
We See You (Taking Aim)
Review
Men in Black: Sophia in der Frankfurter Brotfabrik
Auch in Frankfurt finden wieder Konzerte statt. Bei dem, das wir am
vergangenen Donnerstag besuchten, herrschte allerdings Verwirrung,
inwieweit es sich um einen Nachholtermin handelte: Sophia war ursprünglich
für November 2020 und dann für den Mai 2021 im "Bett"
angekündigt gewesen, im Rahmen der nun tatsächlich stattfindenden
Tournee trat man aber fast genau ein Jahr später in der Brotfabrik
auf. Der Veranstalter war derselbe - und beantwortete die Mail-Frage,
wie es um die alten Tickets und ihre Gültigkeit stehe, leider
nicht. Der Einlass der Brotfabrik war da pragmatischer: Wir hatten
bezahlt, es war derselbe Künstler und dieselbe Stadt - da drückte
man hinsichtlich Datum und Lokal ein Auge zu und ließ uns herein.
Nach wie vor gelingt es Bands offenbar häufig nicht, für
ihre lang geplanten und dann irgendwann im x-ten Versuch doch stattfindenden
Konzerte einen Support zu organisieren. Das gefällt mir ehrlich
gesagt ganz gut, gerade unter der Woche ist man so früher im
Bett, und soo toll sind die unfreiwillig mitbesuchten Bands ja meistens
nicht - auch wenn es für die Künstler selbst natürlich
schade ist.
Ich hatte bislang zwei sehr unterschiedliche Sophia-Konzerte besucht,
beide ebenfalls in Frankfurt: Einmal eine sehr ruhige, intime und
traurige Solo-Performance von Robin Proper-Sheppard in Rödelheim,
einmal einen ausgesprochen rockigen Bandauftritt im Zoom. Im Vorfeld
hatte ich meinem Freund gegenüber erwähnt, dass ich eher
auf eine Wiederholung der "traurigen" Version hoffte, und
er meinte, es werde aber wohl eher wieder laut, immerhin sei ja auch
eine ganze Band dabei - und unterstützte diese Erwartung mit
der Information, dass Robin Proper-Sheppard im Vorfeld Folgendes gepostet
hatte:
Wir rechneten also, als wir den zu Beginn nur spärlich gefüllten
Zuschauerraum betraten, mit ROCK in Großbuchstaben und hielten
die Ohrenstöpsel bereit.
In der Tat hatte Robin Proper-Sheppard eine sechsköpfige Band
dabei, die ausschleißlich aus sehr jung wirkenden Männern
bestand, der Dresscode war offenkundig "schwarz". Neben
den üblichen Positionen an Schlagzeug, Keyboard und Bass war
einer der Herren hauptsächlich am Saxophon und einer mit einer
Geige beschäftigt. Gesagt wurde zunächst nichts, erst nach
dem ersten Song begrüßte uns Proper-Sheppard mit der Mitteilung,
es gäbe heute zwei wichtige Mitteilungen von ihm: Erstens sei
dieses Konzert der Tourauftakt, zweitens sei dies sein erster öffentlicher
Auftritt mit Schnurrbart. Die Bandmitglieder hätten ihn darin
bestärkt, letzteres zu versuchen, er ziehe aber in Betracht,
dass sie sich hinter seinem Rücken über ihn lustig machten.
Leider war der Musiker ansonsten eher weniger mitteilsam, so dass
die Lieder - sechs davon stammten vom aktuellen Album "Holding
On, Letting Go" - mit kurzen Applauspausen recht schnell weggespielt
wurden. Zu meiner Erleichterung war der Gesamtsound, für den
sich alle Bandmitglieder ordentlich ins Zeug legten - gerade der Gitarrist,
der direkt vor uns stand, hüpfte und wand sich, als gälte
es, in jeder Minute Engagement zu beweisen - aber bei weitem nicht
so krachig wie befürchtet, und auch ausgesprochen ruhige Lieder
hatten auf der Setliste Platz gefunden.
Selbige - also die Setliste - hatten wir vor Konzertbeginn fotografieren
können, was aber wenig half, denn Proper-Sheppard meinte irgendwann
spontan in die Runde, dass er jetzt "Desert Song" spielen
wolle, wofür er offenkundig mindestens ein andere Lied überschlug.
Den möglichen Grund erfuhren wir, als dann erstaunlich schnell
der Zugabenteil erreicht zu sein schien (der letzte Song auf der eigentlichen
Setliste, "There are no Goodbyes", war ebenfalls zunächst
gestrichen worden). Proper-Sheppard zeigte nämlich seine linke
Hand und erklärte, er habe während der langen Zwangspause
das Gitarrespielen vernachlässigt, und nun sei die Haut überlastet
und verletzt, das Spielen tue ihm weh. Die im Publikum aufkommenden
Mitleidsgeräusche quittierte er allerdings mit einem ironischen
Abwinken.
Trotz der Handschmerzen machte ihm das Konzert dann aber doch offensichtlich
Spaß. Zuerst kündigte er zwei Zugaben an, von denen die
erste das ausgelassene "There are no Goodbyes" war, anschließend
folgte das durch einen Ruf aus dem Publikum gewünschte - und
ebenfalls von der ursprünglichen Setliste gestrichene - "Ship
in the Sand". Dann kam "I'd Rather", zu dem Proper-Sheppard
erklärte, die Band übe es erst seit kurzer Zeit, und er
wolle es nun lieber vor diesem offenkundig wohlgesonnenen Publikum
ausprobieren als vor einem möglicherweise kritischeren. Außerdem
gab es einen Seitenhieb Richtung Band: Die jungen Leute hatten sich
nämlich nämlich anscheinend vor diesem Song noch mit einem
ruhigeren aufwärmen wollen, was aus Sicht des Frontmanns wohl
gar nicht notwendig gewesen wäre.
Bei all den spontanen Umplanungen verlor der Saxophonist kurz den
Überblick - er verließ die Bühne bei einem Song, für
den er nicht benötigt wurde, kehrte aber dann, als er wieder
gebraucht wurde, versehentlich ohne sein Instrument zurück, was
zu viel Gelächter auf der Bühne führte.
Im Anschluss folgten noch die beiden eigentlich geplanten Zugabesongs
"Resisting" und "We See You (Taking Aim)", die
uns dann ein doch noch sehr rockiges Finale bescherten. Etwas erstaunt
waren wir nur über die im Vergleich zu den beiden früheren
Konzerten auffällige Wortkargheit des Sängers - bei früherren
Gelegenheiten hatte er quasi mit seinen Kommentaren durch die Songs
geführt. Vielleicht hat ihn die Pandemie ja schweigsamer gemacht.
15/05/2022, neulich-als-ich-dachte.blogspot.com
Fotos by Nico Bernholz
Photos by neulich-als-ich-dachte
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