Sophia - Nov. 18 '06: Gebäude 9, Köln (DE) (Intro Intim - 15 Jahre Intro)



Review
Mit "Intro Intim Spezial" war diese Sause überschrieben, die sich die Kollegen des Meller / Osnabrücker / Kölner Musikmagazins zum 15. Geburtstag gegönnt hatten, dass aber von Intimität im dafür eigentlich gar nicht einmal ungeeigneten Gebäude 9 trotz ausgesprochener Gaesteliste.de-Lieblingsacts wie Sport, Anajo und Sophia (plus Dendemann) keine Spur war, lag einmal mehr am Tross des WDR-Rockpalasts und deren altbackenen Vorstellungen, wie ein Konzert einzufangen sei.
Es kann doch nicht angehen, dass es inzwischen zig Acts schaffen, wunderbare DVDs von ihren Konzerten aufzunehmen, praktisch ohne dass die Zuschauer es mitbekommen (das Paradebeispiel dafür ist und bleibt "Trilogy - Live In Berlin" von The Cure), und man an diesem Abend schon auf dem Hof des Gebäude 9 durch einen überdimensionalen Scheinwerfer eingeschüchtert wurde, der mit gefühlten 200 000 Watt halb Deutz ausleuchtete. Auch drin war es taghell, und das brachte bei der ersten Band gleich mehrere Probleme mit sich.
Die von uns sehr geschätzten Sport mussten nämlich schon um 20.30 Uhr auf die Bühne, spielten deshalb (das ist für sie leider nichts Neues) größtenteils unter Ausschluss der Öffentlichkeit und kamen - kein Wunder, wenn man in einem viel zu hellen Raum vor kleinem Publikum spielt und sich trotzdem ständig beobachtet fühlt, weil die Kameramänner auf der kleinen Bühne nur eine Armlänge entfernt stehen - nie richtig in Fahrt. So waren dann mit "Ein Ende" und "Morgen sind wir raus" die wahren Highlights rar gesät. Sehr schade.
Auch die nächste Band hatte ihre liebe Mühe und Not damit, so sehr ins Rampenlicht gezerrt zu werden. Dabei bewiesen die Augsburger Anajo Flexibilität: Hatten sie wenige Wochen zuvor bei ihrem auch an dieser Stelle gelobten Gastspiel in Düsseldorf noch mit ihrem Themesong "Vorhang auf" angefangen, stellten sie dieses Lied in Köln ans Ende. Davor spielten sie zwar alle alten ("Ich hol dich hier raus", "Monika Tanzband", "Die Sonne über Haunstetten") und neuen Hits ("Mein lieber Herr Gesangsverein", "Gleis 7, 16 Uhr 10") aus "Nah bei mir" und dem nun endlich Anfang Februar erscheinenden Nachfolger "Wer kennt hier eigentlich wen?", doch trotz vieler schöner Momente überwog auch bei Anajo die Nervosität und die Angst davor, nur einen Schritt vom Mikro zurück zu machen und dabei einen WDR-Menschen mit Kamera auf die Füße zu treten. Das hemmte die Band bisweilen merklich, wie uns Sänger Oliver Gottwald nach dem Auftritt bestätigte. Auch das war sehr schade.
Gerade einmal eine Dreiviertelstunde Zeit hatten danach die heimlichen Headliner Sophia, um zum erst zweiten Mal überhaupt ihr neues Album "Technology Won't Save Us" live auf die Bühne zu bringen, bevor es dann im Januar und Februar eine ausgiebige - übrigens von Gaesteliste.de präsentierte - Deutschland-Tournee gibt. Die erste Überraschung war dabei schon zu verzeichnen, bevor auch nur ein Ton gespielt wurde: Neben den üblichen Verdächtigen - Jeff Townsin am Schlagzeug, Matthew Round am Bass und Will Foster an den Keyboards - hatte Mastermind Robin Proper-Sheppard nämlich nicht nur seinen etatmäßigen Saitengott Adam Franklin aufgeboten, sondern mit Nick Bergin auch den Gitarristen, der Franklin in den letzten Jahren immer mal wieder vertreten hatte, wenn der mit seinen Soloprojekten beschäftigt war.
Gleich beim ersten Song zeigte sich dann, warum der sechste Mann auf der Bühne dabei war: Mit vier Stromgitarren (auch Foster wechselte bei einigen Songs von den Tasten an die sechs Saiten) entfachten Sophia gleich zu Beginn mit "Theme For The May Queens" ein Inferno, dass zumindest einigen der Touristen im Publikum der Mund weit offen stand: Waren Sophia nicht die Band, bei der der Sänger in leisen Folksongs den plötzlichen Tod seines besten Freundes verarbeitete? Ja, genau diese Band stand an hier in Köln auf der Bühne, aber von der sanften Subtilität der Frühwerke war dennoch nichts zu spüren. Trotzdem war es ein Heidenspaß! Gleich im Anschluss an den ohrenbetäubenden Opener gab's mit "Pace" und "Oh My Love" zwei Singles, deren Eingängigkeit auch die wuchtige Energie der Band nicht kleinkriegte, deren Pop-Charakter an diesem Abend aber völlig der rauen, aber auch rasanten Rock-Power geopfert wurde. Auch wenn das selbst von vielen eingefleischten Sophia-Fans nicht goutiert wurde (was die Reaktionen in den einschlägigen Fan-Foren beweisen), machte diese Herangehensweise durchaus Sinn: Schließlich hatte die Band weniger als eine Stunde Zeit, ein Zeichen zu setzen, und zumindest vieldiskutiert war der Auftritt in jedem Fall. Die andere Seite der Band wird sich schließlich dann bereits im Januar wieder zeigen.
Selbst die auf Platte sanften Nummern - "Where Are You Now?" aus dem neuen Album und das obligatorische "So Slow" kurz vor Ende - mutierten im Gebäude 9 zu Rocksongs und erinnerten mehr als einmal daran, dass Proper-Sheppard (zu dessen weißem Outfit jemand nicht ganz unrichtig sagte: "Er sieht auf der Bühne aus wie Ricky King") seine Karriere nicht als emotionaler Balladensänger, sondern als Kopf der brachialen The God Machine begonnen hatte. Mit "The River Song" ließ er es am Ende noch einmal richtig krachen und auch wenn er selbst wohl nicht vollkommen zufrieden mit der Show gewesen war (ob der WDR seine, übrigens unerhörten, "Turn down the lights, I don't give a fuck about the TV"-Kommentare wohl aus der Übertragung herausschneidet?) - es war ein bemerkenswerter, weil doch einigermaßen unerwarteter Auftritt Sophias!
Danach gingen dann die Indiekids nach Hause und die Jungs mit den schief aufgesetzten Mützen feierten Dendemann. Der war der Einzige, der an diesem Abend wirklich ins Gebäude 9 passte, denn er hatte vermutlich nichts dagegen, dass das oberste Gebot an diesem Abend hieß: Macht auf der Bühne Licht!
Simon Mahler, gaesteliste.de


Set list
01. Theme For The May Queens
02. Pace
03. Oh My Love
04. Where Are You Now?
05. Desert Song 2
06. P1./P2. (Cherry Trees and Debt Collectors)
07. Lost
08. So Slow
09. The River Song

Line Up:
20.30 - 21.10 Sport
21.30 - 22.10 Anajo
22.30 - 23.20 Sophia
23.40 - 00.40 Dendemann

Photos by Ullrich Maurer (gaesteliste.de)























Photos by Johan Bauwens